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474 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Vergleich des
Aufbaus
Gelehrsamkeit,
Verseinlagen, Stil Regimentsrat der oberösterreichischen Regierung geworden, in welcher Funktion
er u.a. die Bibliothek und die Sammlungen auf Schloss Ambras verwaltete (Šubarić
2001, 123–124). Dank seiner umfassenden Bildung und seiner umfangreichen red-
nerischen und schriftstellerischen Tätigkeit6 war er für die Aufgabe, Maximilian und
Matthias würdig zu betrauern, der gegebene Mann. Da beide Reden sich in vieler
Hinsicht ähneln,7 bietet es sich an, sie zusammenfassend-vergleichend zu behandeln.
Der auffälligste Unterschied zwischen den zwei Texten betrifft ihren Aufbau : Die
Rede auf Matthias beginnt mit einer Klage über die Grausamkeit des Schicksals und
der Aufforderung, um den Kaiser zu trauern (1–12), erläutert dann seine Tugenden
(12–31) und wünscht zum Schluss seinen Nachfolgern Glück und Segen (31–35).
Sie orientiert sich also an der klassischen Dreiteilung in Klage, Lob und Trost und
variiert diese nur insofern, als der Trost durch gute Wünsche für die Zukunft er-
setzt wird. Dagegen ist die Rede auf Maximilian ausgesprochen unstrukturiert und
‚monodisch‘ : Pansa springt in ihr dauernd zwischen Klage, Lob und Trost hin und
her, verleiht seinem Text so außergewöhnliche emotionale Intensität (vgl. hierzu
die Rede von Tommaso de Fatis auf seine Mutter, hier S. 290–292) und stürzt den
Hörer in ein Wechselbad der Gefühle, bis dieser sich in einem abschließenden Ge-
bet (25) trösten und beruhigen kann. Vermutlich hängt dieser Unterschied damit
zusammen, dass der Deutschmeister als bei der Bevölkerung beliebter Landesherr
den Tirolern näher stand als der im fernen Wien residierende Kaiser Matthias. Sein
Tod wurde deshalb, worauf wiederholt hingewiesen wird (1–2, 9–10), als besonders
schwerer Schlag empfunden, und das dürfte Pansa veranlasst haben, in seinem Falle
kräftigere Töne anzuschlagen.
In einer Reihe anderer Charakteristika stimmen die zwei Reden dagegen weitge-
hend überein (wobei allerdings die Klage um Maximilian jeweils stärker dazu ten-
diert, die Dinge auf die Spitze zu treiben). So breitet der gelehrte Pansa in beiden
Fällen große Mengen von Bildungsgut aus. In der Matthiasrede zeigt er dabei eine
auffällige Vorliebe für ägyptische Bräuche, besonders Bestattungssitten (13–14, 24,
31). In der Rede für Maximilian tauchen so entlegene Anspielungen auf wie die fol-
gende (angesprochen werden die österreichischen Erzherzöge) : Vos Heleniones iam
efflorescite, quorum medica vis et fragrantia nos in Angeronae, in Volupiae templum
deducat (24 ; „Erblüht nun, ihr Helenionen, deren Heilkraft und Duft uns in den
Tempel der Angerona, der Volupia geleiten möge“). Volupia als römische Göttin
6 Von Pansas anderen Reden hatte mit Tirol nur noch eine 1617 in Innsbruck veröffentlichte, heute
verlorene Rede über die Faktoren, die zur Erhaltung eines Staates beitragen, zu tun (vgl. den Ka-
talog der BSB unter der Signatur 4 P.o. lat. 318 Beibd. 2 [Verlust]). Zu einem Lobgedicht auf
Christoph Scheiner vgl. hier S. 557.
7 Zudem spricht Pansa zu Beginn der Rede auf Matthias (1) die enge zeitliche Nachbarschaft der
beiden Todesfälle an.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593