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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Seite - 478 -
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478 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Redewettkämpfe guten und frommen Fürsten sowie seiner katholischen Frömmigkeit ([74]–[75]). Die Rede schließt mit einer Seligpreisung der Tiroler und einem Gebet für ihr See- lenheil ([75]–[76]). Sie ist durchaus sinnvoll, aber zwanglos disponiert und setzt, um die Hörer zu überzeugen, in erster Linie auf varietas („Abwechslung“). Der Redner ist sich dabei durchaus der Schwierigkeiten bewusst, die ihm aus der beson- deren Kommunikationssituation erwachsen : Ein Land vor dessen eigenen Bewoh- nern zu loben mag leicht erscheinen, doch gerade aufgrund des unkritischen Pu- blikums setzt man sich schnell dem Vorwurf der Schönrednerei und Schmeichelei aus. Zweimal spricht Castner dieses Problem an und verteidigt sich, indem er seine Wahrheitsliebe beteuert und das Publikum auffordert, seine Aussagen anhand der eigenen Erfahrung zu verifizieren ([68], [71]). Mit diesem Punkt, d.h. mit dem von Redner und Hörern geteilten amor patriae ([68] ; „Vaterlandsliebe“), hängt auch das mentalitätsgeschichtliche Interesse der Rede zusammen : Sie stellt einen guten Beleg für den Regionalpatriotismus der Frühen Neuzeit dar und zeigt uns insbesondere das Tirolbild späterer Jahrhunderte in statu nascendi : Sowohl die Vorstellung vom Land im Gebirg als auch die vom Heiligen Land Tirol finden sich in ihr bereits vorgeprägt. Wenn am Schluss das Gebirge, das zuvor nur als Wirtschaftsfaktor und in seiner Schutzfunktion erwähnt wurde, zwar noch nicht wie später als ästhetisches Objekt, dafür aber implizit als Weg zu Gott erscheint, so führt dies die beiden eben genannten Vorstellungen elegant zusammen : Das abschließende Gebet gipfelt in dem Wunsch, dass die frommen Tiroler nach ihrem Tod ex his montibus ad aeternos caeli montes subleventur ([76] ; „von diesen Bergen hier zu den ewigen Bergen des Himmels erhoben werden mögen“). In den beiden Redewettkämpfen, die uns Castners Schulheft bezeugt, geht es einmal darum, ob Katzen oder Hunden der Vorzug gebühre, einmal wird für und gegen die Musik gesprochen. Aus jenem Agon – er wurde am 27. 8. 1608 ausgetra- gen, wobei anscheinend ein Abraham Roh als Schiedsrichter fungierte10 – ist die Rede für die Hunde erhalten ([79]–[84]), die auf eine offenbar zuvor für die Katzen gehaltene antwortet, aus diesem (17. 1. 1609, vgl. hier S.  298–299 und 476) die Rede für und die ersten Sätze der Rede gegen die Musik ([84]–[89] ; welchen Part Castner vertrat, ist unklar). Interessanter als die Musikrede, die hauptsächlich den Topos von der psychagogischen Wirkung der Musik variiert, ist die Rede für die Hunde. Sie ist, wie etwa die Prosopopoiie der Hunde gegen Schluss ([83]) zeigt, rhetorisch recht einfallsreich gestaltet und demonstriert Castners kulturgeschichtli- ches Wissen mit Ausführungen über Götter und Hunde in der Antike, den Einsatz von Hunden in Schlachten, Hunde in der Heiligen Schrift und andere ähnlich entlegene Themen ([80]–[81]). Seine abwertenden Bemerkungen über die Katzen, 10 Vgl. die Notiz I. – d.h. wohl Iudice – Abrahamo ROH ([79]).
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
1
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
602
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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