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488 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Teil 2,2
Stil tora est sane trepidans columba orthodoxa pietas, quia sancta formidine impia dogmata in-
star capitalium hostium naturali odio abhorret. Idcirco oculi eius sicut columbae super rivulos
aquarum, quinimo super innumerabilium populorum fluenta aequora, ut volantium avium
umbram in illis videant, unguesque rapacium, qui innumeris strategemmatibus corda prin-
cipum artificiose solent capere et comminuere, effugiant et oculorum perspicacia in eorum fide
constantissime adhuc retenta fraudem periculi eminentis evaderent.
Wenn man vieles andere, was Schriftsteller über die Taube berichten, beiseitelässt, werden
durch diese Symbole schließlich einige andere taubengleiche Geheimnisse der österrei-
chischen Frömmigkeit durch Übereinstimmung genau erläutert. Österreichische Fröm-
migkeit und Glauben zittern, aber sie zittern aus jener königlichen Scheu, die der Beginn
der Weisheit ist und ohne die die Gottesverehrung erkaltet, ja mitunter sogar aufhört und
ohne die die christliche Sendung, welche diejenigen, die ein Szepter führen, Gott und der
katholischen Kirche schulden, mühelos aufgelöst wird. In der Brust der österreichischen
Seelen sitzt die rechtgläubige Frömmigkeit als zitternde Taube, weil sie in heiliger Ehr-
furcht aus natürlichem Hass vor gottlosen Meinungen wie vor Todfeinden erschaudert.
Deswegen sind „ihre Augen wie Tauben über den Bächen des Wassers“ [HL 5,12], ja sogar
über den flutenden Meeren der unzähligen Völker, damit sie auf ihnen den Schatten der
fliegenden Vögel sehen und den Krallen der Raubvögel entfliehen, welche die Herzen der
Fürsten durch unzählige Kriegslisten schlau einzunehmen und zu vernichten pflegen, und
durch die scharfe Sicht ihrer Augen, die sie in ihrem Glauben bisher äußerst ausdauernd
behalten haben, die Hinterlist der großen Gefahr vermeiden.
Der zweite Teilband und zugleich der Hauptteil des zweiten Teiles trägt den Titel
Piissima atque augustissima Domus Austriaca, splendore coniugiorum ingenua („Das
frömmste und erhabenste Haus Österreich, erhaben durch den Glanz seiner Ehe-
verbindungen“ ; Innsbruck 1656). Darin werden, wiederum gemäß dem Leitge-
danken, dass alle Glücksgüter der Mächtigen, also auch ihre Ehen, nur ihrer Fröm-
migkeit zu verdanken sind, alle habsburgischen Ehen seit Albrecht dem Reichen
(† 1199) behandelt. Die Habsburger bzw. Habsburgerinnen werden mit ihrer je-
weiligen Gattin bzw. ihrem Gatten vorgestellt. Dann werden in den meisten Fällen
die Umstände der Hochzeit, der Verlauf der Ehe und eventuell aus ihr hervorgegan-
gene Kinder behandelt. Von besonderem Interesse ist für Lequile die Abstammung
der Gattin bzw. des Gatten der besprochenen Habsburger.
Nicht nur bei der Allegorese, sondern auch bei der Darstellung der relativ nüch-
ternen Materie im ersten Band und in der zweiten Hälfte des zweiten neigt Lequile
zu sprachlicher und gedanklicher Überladung, so etwa bei der Charakterisierung
der zweiten Frau Ferdinands II., Anna Caterina Gonzaga (Piissima Domus Austri-
aca, 363) :
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593