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514 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Sprache
Nepomuk Vescovi
Diarien
Lucas Geizkofler Tetralogie aller vier Madruzzo-Bischöfe zusammen : Cristoforo (reg. 1539–1567),
Lodovico (reg. 1567–1600), Carlo Gaudenzio (reg. 1600–1629) und Carlo Ema-
nuele (reg. 1629–1658), dessen eben besprochene Biographie auch ihrer Tendenz
nach stellvertretend für die drei anderen stehen kann. Alle vier Werke sind in BCT,
ms. 30 erhalten. Besonders interessant ist die Abschrift TLMF, Dip. 814, da sie am
Rand neben Zitaten aus Giorgio Vasari und Paolo Giovio mit Kommentaren aus
dem manoscritto Ducati,7 einer anonymen italienischen Biographie von Bernhard
Cles und den ersten drei Madruzzo-Bischöfen, versehen ist.8
Vescovis Sprache ist von zahlreichen Italianismen durchsetzt ; so finden sich
Formen wie clientella (Bl. 1r), homaggio (Bl. 57r) oder tutella (Bl. 102r). Auch das
Gerundium im Ablativ findet sich öfters anstelle einer Konstruktion mit Partizip
Präsens (z.B. Bl. 118r). Davon abgesehen schreibt Vescovi ein sehr elegantes und
gefälliges Lat.
Ein späterer Verwandter Vigilio Vescovis war Johannes Nepomuk Anton Vescovi,
auch er ein Geistlicher. Er hatte die Hs. Vigilios geerbt und charakterisiert ihn in ei-
ner kurzen Schrift mit dem Incipit Inclitam Madruciorum familiam („Die berühmte
Familie Madruzzo“) als de rebus Madruciorum familiam spectantibus, si umquam
alius, apprime gnarus („in den die Familie Madruzzo betreffenden Angelegenheiten
versiert wie kein anderer“ ; BCT, ms. 2204).9
Wichtige Vorarbeiten für später auszugestaltende Autobiographien stellen auch
in dieser Epoche Tagebücher oder Diarien dar, die mitunter auch auf Lat. verfasst
sind. Manchmal lassen sie sich nur mehr aus den aus ihnen hervorgegangenen Au-
tobiographien erschließen, manchmal ist es aber auch nie zu einer Ausgestaltung
gekommen, sodass das Diarium allein erhalten blieb. Vor allem bei Reisebeschrei-
bungen haben die Autoren gerne die Form der Tag-für-Tag-Aufzeichnung beibehal-
ten, was auch an den folgenden Beispielen deutlich wird.
Als Verfasser eines Traktates über das Studentenleben ist Lucas Geizkofler (1550–
1620) bereits genannt worden (vgl. hier S. 303–306). Hier ist er aufgrund seiner
Autobiographie zu erwähnen, die zwar in ihrer vorliegenden Form hauptsächlich
deutsch ist, jedoch auf einer lat. Vorlage fußt und diese noch an einigen Stellen
durchscheinen lässt : Historia Vnd beschreibung Lucasen Geizkoflers von Reiffenegg Ty-
7 Benannt nach Bartolomeo Ducati, Benefiziat am Dom von Trient, dem Besitzer der Hs. zur Zeit
Andreas di Paulis, der die Kommentare in TLMF, Dip. 814 anbrachte (vgl. TLMF, Dip. 814/4,
Titelblatt).
8 Dass TLMF, Dip. 814 eine Abschrift ist, zeigen einige Lücken, die im Text bestehen blieben (z.B.
37), doch ist es auffällig, dass die Abschrift viel mehr Italianismen aufweist als BCT, ms. 30 (z.B. 1,
4, 41 : famiglia ; 28 : leggere).
9 In der unpagninierten Hs. BCT, ms. 2204 sind zahlreiche kurze Schriften (Gedichte, Briefe usw.),
welche die Familie Madruzzo betreffen, zusammengebunden.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593