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536 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Predigt als
Zankapfel :
Instructio Der hohe Stellenwert der Predigt erhellt nicht zuletzt aus der Tatsache, dass
das Recht zu predigen zum Zankapfel zwischen verschiedenen Instanzen werden
konnte, die darauf Anspruch erhoben. Diese Tatsache dokumentiert etwa die im
Archiv des Innsbrucker Jesuitenkollegs hs. erhaltene Instructio pro concionatore
Sancti Iacobi apostoli parochiae Oenipontanae („Anweisung für den Prediger der
Kirche des Hl. Jakob, des Apostels der Pfarre Innsbruck“; ohne Signatur) aus dem
Jahr 1609 (mit Nachträgen bis ins späte 18. Jh.). Dieser rund 40 Seiten starke,
in zehn Kapitel gegliederte Leitfaden für den jeweiligen Prediger der Gesellschaft
Jesu beleuchtet das spannungsreiche Verhältnis, das diesbezüglich zwischen dem
Jesuitenorden und dem Pfarrklerus bestand und in das auch der Stadtmagistrat als
Patron (Lentze 1957, 11) sowie die Regierung involviert waren.
Das erste Kapitel gibt einen geschichtlichen Rückblick auf das Predigeramt in der Stadt-
pfarrkirche St. Jakob seit der Ankunft der Jesuiten in Innsbruck 1561. In den folgenden
geht um den Festkalender (Kap. 2), um Predigttermine (Kap. 3) und Uhrzeiten (Kap. 4),
weitere liturgische Aspekte (Kap. 5–7), die Ansage kirchlicher Termine (Kap. 8), die litur-
gischen Gewänder (Kap. 9) und schließlich um Termine und Zielorte von Wallfahrten und
Bittgängen (Kap. 10).
Die Rivalitäten zwischen Jesuiten und Pfarrgeistlichkeit betrafen das Recht, Ter-
mine anzusagen, und die Kleidungsfrage, v.a. jedoch die Frage, wer in St. Jakob
predigen dürfe (vgl. Oberhofer 1974, 96–97). Am besten kann dies eine Zusam-
menfassung des ersten Abschnitts verdeutlichen, der das Problem, wie erwähnt, aus
jesuitischer Perspektive historisch aufrollt :
Schon die Gründung des Innsbrucker Kollegs war wesentlich von dem Wunsch mitbe-
stimmt, für die dortige Seelsorge einen ständigen Prediger aus der Gesellschaft Jesu zu
haben. Der Landesfürst Kaiser Ferdinand I. gab den Jesuiten von Anfang an die Zusiche-
rung, dass die Predigerstelle immer einem vom Ordensoberen ausgewählten Mitglied ihres
Ordens zustehen sollte. Die Predigten der Jesuiten begannen zu Weihnachten 1561 und
erfreuten sich sofort großen Zulaufs. Widerstände von Seiten der Pfarrgeistlichkeit und
des Innsbrucker Stadtrates blieben zunächst trotz entsprechender Initiativen beim Bischof
von Brixen wirkungslos, doch 1570 verfügte Ferdinand II. unter großem Druck von ver-
schiedenen Seiten, die Predigten sollten alternierend von Jesuiten und Pfarrgeistlichen ge-
halten werden. Bereits 1572 sicherte er dem Orden aber wieder das alleinige Recht auf die
Predigerstelle zu. Nach weiteren Kontroversen gelang es 1595, auch das Brixner Ordinariat
zu vorbehaltlosem Eintreten für die Jesuiten zu bewegen.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593