Seite - 550 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Bild der Seite - 550 -
Text der Seite - 550 -
550 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Trient:
Isagoge scientiarum
Widmung
Universalien Arbeitgebern steht. Die Betonung des Wertes der Wissenschaft und der glanzvol-
len Bewährung auf ihrem Feld weist allgemein auf die hohen Qualifikationen der
Disputanten hin.
Während im Gymnasium von Hall die studia superiora nie eingeführt wurden,
eröffnete man in dem erst 1625 gegründeten Gymnasium von Trient schon zehn
Jahre später einen Kurs für Logik. Die erste überlieferte Disputation wurde 1652
von einem Franz Mahlknecht aus dem damals noch bayerischen Braunau unter
dem Vorsitz von Sigmund Lannser4 (1621 Bozen–1689 Amberg) geführt. Sie trägt
den Titel Isagoge scientiarum seu universalia in genere et in specie („Einführung in
die Wissenschaften oder Universalien i.A. und im Besonderen“) und wurde bei
Zanetti als vergleichsweise umfangreiches Büchlein von 93 Seiten gedruckt. Dieses
Werk erweist in manchem, dass die Regeln der Ratio studiorum auch Spielraum für
Auslegung boten oder gar durchbrochen werden konnten.
In der Widmung an Maximilian Graf Kurz von Senftenau, den Obersthofmeis-
ter des bayerischen Kurfürsten, lässt der Respondent sein Anliegen mit ungewöhn-
licher Offenheit erkennen (Bl. A2rv) :
Inter caeteros nobilissimos Scientiarum fructus semper mihi potissimus esse visus est, Illustris-
sime et Excellentissime Domine Comes etc., quod earum suffragio et ductu aditum nobis aperiri
videam ad oscula manuum, a quarum reverentia alioquin Summorum virorum Maiestas et
germana nos modestia quam longissime submovisset.5
Unter den übrigen Früchten der Wissenschaften schien mir immer jene die beste zu sein,
mein durchlauchtigster und hervorragendster Herr Graf usw., dass ich sehe, wie durch ihre
Unterstützung und ihre Führung uns ein Weg zum Küssen der Hände eröffnet wird, von
deren Verehrung uns sonst die Hoheit der höchsten Männer und aufrichtige Bescheiden-
heit sehr weit entfernt hätte.
Nach einer Reihe weiterer topischer Schmeicheleien drückt Mahlknecht die Hoff-
nung aus, dass dieses Jugendwerk einmal weiteren, „erwachseneren“ Werken (Bl. A4r ;
adultioribus aliquando laboribus) im Dienst des Grafen den Boden ebnen könnte.
Inhaltlich wird das Universalienproblem für eine Disputation sehr detailliert be-
handelt. Trotzdem beteuern die abschließenden Sätze des argumentum die Selekti-
vität. Nachdem der Gesamtplan ausgebreitet wurde, heißt es (Bl. A5r) :
4 Lannser trat ein weiteres Mal als Präses hervor (Disputatio philosophica de causa efficiente, efficientia
et effectu ; „Philosophische Disputation über Wirkursache, Wirksamkeit und Wirkung“ ; Freiburg
i.B. 1655) und betätigte sich sonst als Übersetzer italienischer Erbauungsbücher ins Deutsche.
5 Der Druck hat submonisset.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593