Seite - 70 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Bild der Seite - 70 -
Text der Seite - 70 -
Dickers und Singers künstlerische
Ausbildung70
erwähnten Aquarelle abgedruckt (Abb. 27).233
Bemerkenswert daran ist, dass keine ihrer Textil-
arbeiten abgebildet und somit der Fokus auf ihre
malerischen Fähigkeiten gelenkt wurde. Die Wert-
schätzung Dickers am Bauhaus verdeutlicht sich
an einem Meisterratsprotokoll vom 25. Juni 1921,
in dem sie bezüglich einer „Ausnahmestellung“234
betreffend dem Besuch der Werkstätten erwähnt
wird; außerdem hinsichtlich des am 1. Oktober
1921 gefällten Beschlusses, ihr ein eigenes Atelier
zuzuteilen.235 Ihre künstlerische Vielseitigkeit und
Produktivität wurde vom Bauhaus auch finanziell
gefördert. Dies belegen die Hinweise auf Zutei-
lungen für Stipendien und Freistellungen von der
Bezahlung des Lehrgeldes. Im März 1921 wurde
entschieden, Dicker ein Stipendium von 500
Mark zu erteilen, das „für Bedürftige und begabte
Lernende“ vorgesehen war. Für das Sommersemes-
ter 1921 erhielt sie eine „Lehrgeldfreistelle“ bzw.
ein Stipendium zur Zahlung des Lehrgeldes „à 60
Mark“ und bis Ostern 1922 und für die „2. und 3.
Rate Winter-Semester [19]22/23“236 wurde sie ebenfalls vom Lehrgeld freigestellt.
Gropius’ Anerkennung wird auch in einem nachträglich ausgestellten Zeugnis aus
dem Jahr 1931 deutlich: „fräulein friedl dicker war in der zeit vom juni 1919 bis septem-
ber 1923 studierende des staatlichen bauhauses in weimar. sie hat sich während dieser
zeit durch ihre seltene ausserordentliche künstlerische begabung dauernd hervorgetan
und das besondere augenmerk der ganzen lehrerschaft auf ihre arbeiten gerichtet. die
vielseitigkeit ihrer begabung und ihre grosse energie hatten zur folge, dass ihre leistungen
und arbeiten zu den allerbesten des instituts gehörten und dass sie schon während ihrer
studienzeit zur tätigkeit als lehrerin mit herangezogen werden konnte.“237 Und auch Jo-
hannes Itten schrieb in seinem Zeugnis 1931: „Sie ist ein künstlerisch aussergewöhnlich
233 Siehe: Das Staatliche Bauhaus Weimar/Karl Nierendorf 1923, S. 50, Abb. 21, S. 205, Abb. 133,
S. 213, Abb. 141.
234 ThHStA Weimar, Staatliches Bauhaus Weimar 12, Bl. 93–95, in: Wahl 2001, S. 134.
235 BHA, Archiv W. Gropius, Meisterratsprotokolle, Durchschrift, in: ThHStA Weimar, Staatliches
Bauhaus Weimar 12, Bl. 96–101, in: Wahl 2001, S. 139.
236 ThHStA Weimar, Staatliches Bauhaus Weimar 12, Bl. 83–84, 85, 105–106, 235–242, in: Wahl
2001, S. 126, 129, 143, 269.
237 BHA, Dokumentensammlung, Friedl Dicker, Mappe 2, Zeugnis von Gropius, 29.4.1931.
Abb. 27: Friedl Dicker, Hell-Dunkel-
Verwerfung, 1919, Tusche und Deck-
farbe auf ausgeschnittenem Karton,
26 x 18 cm, BHA.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482