Seite - 142 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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Die Wiener Ateliergemeinschaft
1925–1938142
Friederike Schlichter111 (1900–unbek.) verheiratet. Friederike und ihre Schwester, die be-
reits oben erwähnte Dolly Schlichter, waren Töchter von Emmy Heims älterer Schwester
Rosa Schlichter (1876–unbek.).
Die dritte AuftraggeberInnen-Gruppe des Ateliers bildeten bürgerliche, gut situierte
Personen wie UnternehmerInnen aus der Textil- und Süßwarenbranche und Medizine-
rInnen.
1928 erfolgten Änderungen in dem Wirkwarengeschäft Asser und 1933 im Modege-
schäft Else Fritz. 1928 wurden der Kleidersalon Anna Kende, 1929 der Modesalon Lore
Kriser & Co. und 1933/34 der Hutsalon Liese Friedmann umgestaltet. Darüber hinaus
erfolgten Aufträge für in der Textilbranche tätige Fabrikanten. Wie oben bereits erwähnt,
gehörte hierzu die Familie Moller, welche Inhaber der Textilfirma S. Katzau war und
ab 1936 auch die Textilfirma B. Spiegler & Söhne112 übernahm, Franz Singers Cousin
Franz Neumann, der Gesellschafter der Textilfirma S. S. Neumann in Reichenberg war,
und Franz Stross, der für dieselbe Firma arbeitete.113 Darüber hinaus entstand 1931 eine
Wohnungsgestaltung für Viktor Kraus, der für die Textilfirma Carl Kraus Sohn Viktor in
Reichenberg arbeitete.114 Einerseits war die Verbindung zur Textilbranche durch die Fa-
milie von Franz Singer auf mütterlicher sowie auf väterlicher Seite gegeben, andererseits
entstanden bereits im Zeitraum 1928 bis 1930 Werbegrafik-Entwürfe für die Firma B.
Spiegler & Söhne, für die Friedl Dicker auch Webmuster entwarf.
Neben den mit der Textilbranche verbundenen AuftraggeberInnen erteilten die Söhne
der Wiener Süßwarenfabrikanten Gustav und Wilhelm Heller fünf Aufträge. Der be-
sonders kunstinteressierte Sohn von Gustav, Hans Heller (1896–1987), erteilte neben
vier Wohnraumeinrichtungen zwischen 1927 und 1931 als ersten Bauauftrag 1928 die
Errichtung eines Tennisklubhauses an das Atelier.115 Für Hans Hellers Cousin Karl Heller
(1899–1980) wurde 1928 eine Wohnung eingerichtet.
Zahlreiche Aufträge von MedizinerInnen und PsychoanalytikerInnen ergingen eben-
falls an das Atelier. Wohnungseinrichtungen und Entwürfe, zum Teil mit integrier-
111 Friederike Schlichter nahm mit 20 Jahren Gesangsunterricht bei Helge Lindberg. Ab etwa 1930
gehörte sie der Gesangsgruppe The Singing Babies bzw. Viennese Singing Sisters an und tourte nach
dem frühen Tod ihres Mannes 1928 mit dieser u. a. in Amerika. Die Gruppe nahm Schallplatten auf
und hatte Auftritte im Radio und in diversen Filmen wie dem österreichischen Film Die große Liebe
aus dem Jahr 1931 nach einem Drehbuch von Artur Berger und Siegfried Bernfeld. Siehe: Wiener
Zeitung 1928, S. 5; Lehl u. a. 2015, S. 52–59; Auskunft Iris Lindberg, E-Mail, 24.11.2017.
112 Die Textilfirma B. Spiegler & Söhne wurde zwischen 1879 und 1880 gegründet. Der Firmensitz war
in Wien, Schottenbastei 11, die Produktionsstätte befand sich in Hronov, Böhmen. 1936 wurde die
Firma von der von Hugo Moller geleiteten Textilfirma S. Katzau mit Sitz in Wien und Produktions-
standort in Nachod-Babi (C.S.R.) übernommen. Siehe: Prager Tageblatt 1936, S. 10.
113 Engelmann 2012, S. 91–104, 252.
114 Engelmann 2012, S. 80, 254.
115 Heller 1985, S. 33.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482