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62 | Humanistisches Gedankengut im Ostalpenraum
Hand des 13. Jh. beschrieben). Fol. 140r stammt aus derselben Hand wie der gesamte
übrige Codex und wurde auf den hinteren Buchdeckel aufgeklebt. Das Blatt enthält
einige teils holprige Verse, welche die Verwendung von Buchstaben für römische
Zahlzeichen erklären.
Das Kernstück des Manuskripts bilden 138 Papierblätter mit einem Schriftspiegel
von ca. 145 × 85 mm und einheitlicher Zeilenzahl (22). Es ist von einer sehr sauberen,
leicht leserlichen Humanistenhand ausgeführt. Der fortlaufende Text wurde mit
schwarzer Tinte in einer Spalte jeweils in der Mitte der Seite geschrieben und ist
durch zahlreiche Absätze mit einer Initialmajuskel schön gegliedert. Am rechten
Rand (auf den recto-Seiten) bzw. am linken Rand (auf den verso-Seiten) finden sich
in roter Tinte stichwortartige Angaben zum Inhalt des nebenstehenden Textes. Da-
durch ist größte Übersichtlichkeit gegeben. Auch die Überschriften zu den insgesamt
drei Visitationsreisen wurden mit roter Farbe geschrieben.223
Der vorliegende Codex stellt mit Sicherheit nicht das ursprüngliche, während der
Reise entstandene Werk dar – für dieses durchaus denkbare Entstehungsszenario ist
er zu sauber und einheitlich geschrieben. Zudem befindet sich die Handschrift ins-
gesamt in bestem Zustand, d. h., es finden sich keine geknickten Blätter oder sonstige
Merkmale, die auf eine wiederholte Handhabung des Papiers hinweisen würden.
Eine Stelle im Text (fol. 92v) liefert gleichsam den Beweis dafür, dass es sich beim
Cod. Vat. Lat. 3795 um eine später verfasste Reinschrift handelt, da Santonino dort
einen kleinen Ausblick in die Zukunft gibt, indem er schwärmt, dass die Speisen auf
Burg Finkenstein („castrum Vichenstain“) so fein zubereitet und aufgetragen wurden,
dass er es nirgends besser gesehen hat oder sehen wird.224
Nach dem Urteil von Giuseppe Vale stammt der Cod. Vat. Lat. 3795 aus der Hand
von Paolo Santonino selbst.225 Die Grundlage dafür boten ihm zahlreiche Vergleichs-
texte, die Santonino aufgrund seiner beruflichen Stellung in der Patriarchatskanzlei
in Form von 16 (!) Aktenbänden, einigen amtlichen Briefen und dem sogenannten
Visitationum liber verfasst hat.226 Ganz frei von Zweifel war Vale jedoch nicht, zumal
er feststellen musste, dass die Hand eines Koadjutors (Bertrando Rundulo) jener von
Santonino auffallend ähnlich sieht. Vale schloss Rundulo schließlich als Verfasser des
Codex aus, da es dieser nicht gewagt hätte, am Ende des Tagebuches einige Verse
anzufügen, wenn die Kopie eventuell gar für den Patriarchen persönlich gedacht
war.227 Diese Begründung scheint mir allein vor dem Hintergrund von Vales sonst so
präziser Arbeitsweise nicht sehr stichhaltig. Überdies weist der Text des Tagebuches
223 Fol. 1r, 58r und 98v (Vale, Santonino 121, 173 und 223).
224 „Fuerunt fercula ipsa tanta arte munditia et ordine parata et apposita: ut necubi melius perspexerim aut
visurus sim.“ Hundsbichler, Santonino 17, Anm. 65, führt als weiteren (indirekten) Nachweis die
„Zählung gewisser unvorhergesehener Reiseerlebnisse und ihrer Wiederholungsfälle“ an.
225 Vale, Santonino 117–118.
226 Siehe Vale, Santonino 116.
227 Vale, Santonino 118. Ein Blick auf das vatikanische Original lässt sehr rasch erkennen, dass die
Verse aus der Texthand stammen.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548