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70 | Humanistisches Gedankengut im Ostalpenraum
Wie oben bereits erwähnt, sind Santoninos Abschriften für die Rekonstruktion der
beiden verschollenen Inschriften CIL III 5158 und 5226 hinsichtlich der Zeilen-
trennung nicht geeignet. Bei der Transkription des Wortlautes hingegen ist in der
uns vorliegenden Reinschrift der Tagebücher großes Bemühen um eine korrekte
Wiedergabe festzustellen. Die Ligaturen werden meist richtig übertragen, was vor
allem für die (erhaltene) Inschrift CIL III 5230 (Abb. 9) bemerkenswert ist. Hier
missachtete Santonino nur in Zeile 1 die Ligatur für „AL“ im Namen „VALERIA“.
Der Stein war offenbar bereits damals an der rechten oberen Ecke abgebrochen, denn
er hielt das „R“ am Ende der ersten Zeile für ein „T“ und zog „VA(L)“ mit dem
voranstehenden „FLA“ zu „FLAVA ET“ zusammen. Das Alter des verstorbenen
Aurelius Adiutor wird mit „XXX“ statt mit „XXXV“ Jahren angegeben, dafür aber mit
der korrekten Ligatur.265
Abb. 9: CIL III 5230 = lupa 815 (Pokrajinski Muzej, Celje)
Bei der heute in der Österreichischen Nationalbibliothek befindlichen Inschrift
CIL III 5262 ist dem Verfasser des Codex ein Schreibfehler unterlaufen: In Zeile 1
müsste es – wie auf dem Stein deutlich lesbar ist – „POMPEIVS“ lauten, nicht
„PONPEIVS“.266 Der Rest der langen Grabinschrift wird bis auf zwei litterae korrekt
wiedergegeben: Bei den letzten beiden Altersangaben ist im Codex wohl in Analogie
zu den übrigen drei Angaben „ANN“ zu lesen, während der Steinmetz, der die In-
schrift offenbar nachträglich um die Namen zweier Verstorbener zu ergänzen hatte,
nung der beiden Verstorbenen liefert allerdings einen wertvollen Hinweis für die vorliegende
Problematik: Sie zeigt links den Mann und rechts die Frau. Dies bedeutet, dass es sich bei
Boissards Quelle um eine (naturgemäß seitenverkehrte) Vorlage für einen Stich oder einen Holz-
schnitt gehandelt haben könnte. Die Existenz einer entsprechenden Abbildung konnte bisher nicht
festgestellt werden.
265 Die Ziffer „V“ könnte freilich auch erst beim Abschreiben des Tagebuches verloren gegangen sein.
266 Vgl. Edmund Groag, Die römischen Inschriftsteine der Hofbibliothek (Sonderabdruck aus der Oster-
und Pfingstbeilage 1913 der Wiener „Montags-Revue“), Wien 1913, Nr. 2, sowie (genau 100 Jahre
nach Groags Werk von einem MaturantInnenteam eines Wiener Gymnasiums erstellt) Theo
Anders u. a. (Hrsg.), Katalog der römischen Inschriften der Österreichischen Nationalbibliothek. Ein Pro-
jekt des Wahlpflichtfachs Latein des BRG Wien 14 – Linzerstraße 146, Wien ²2013, 19 (Nr. 3); als
überarbeitete Neuauflage herausgegeben von Franziska Beutler und Ekkehard Weber, Die römi-
schen Inschriften der Österreichischen Nationalbibliothek 19 (Nr. 3), Wien 2015.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548