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Petrus Apianus / Bartholomaeus Amantius | 343
Im Fall eines ganz besonderen römerzeitlichen Fundes, des sogenannten Jünglings
vom Magdalensberg (CIL III 4815), waren sich Petrus Apianus und Bartholomaeus
Amantius sehr wohl bewusst, dass sie ihn zweimal, mit unterschiedlicher Orts-
angabe, verzeichneten: Auf Seite 397 unter den Denkmälern aus Kärnten, wo die
Statue im Jahre 1502 gefunden worden war, sowie auf Seite 412 mit dem Verwahrort
Salzburg, wohin der Fund – wie Amantius zu Recht vermutete1535 – auf Geheiß von
Kardinal Matthäus Lang von Wellenburg gebracht worden war.1536
In der ungewöhnlich langen Vorrede zur zweiten Wiedergabe (Inscriptiones 412) wird
der divergierende Fund- und Verwahrort sogar als Begründung für die zweifache
Überlieferung angeführt. Ferner wird auf die Unterschiede der beiden Quellen, vor
allem in Hinblick auf die Längenangabe der Statue, nachdrücklich hingewiesen, ohne
freilich die Herkunft der Informationen genauer preiszugeben. Aktuell ist nur der
Codex Pragensis bekannt, in dem neun Fuß Länge angeführt werden.1537 Die zweite
Quelle für die exakt zutreffende Angabe von 6 ¼ Fuß konnte bisher nicht eruiert
werden.1538
Beide Belegstellen bei Apianus/Amantius enthalten sowohl die Inschrift auf dem
rechten Oberschenkel der Statue als auch jene auf dem später verloren gegangenen
Schild, wobei die Texte von Seite 412 von besserer Qualität sind und nur eine Ab-
weichung („VINDILLE“ anstelle von „VINDILI F“ auf dem Schild) aufweisen. Ferner
ist in den Inscriptiones der bekannte Holzschnitt der Jünglingsstatue zu finden, der
die Fachwelt zu einer teilweise heftig geführten Diskussion veranlasst hat, in welcher
Beziehung diese Darstellung zu den Arbeiten von Albrecht Dürer steht.1543
1535 Diese Vorrede ist wie andere vergleichbare Texte im Werk im Singular („conicio“) verfasst, was
neuerlich auf Amantius’ Verfasserschaft hinweisen dürfte; vgl. oben (Kap. 10).
1536 Mit dem Kärntner Fundort erstmals überliefert wird die Statue im Prager Codex (siehe
Kap. 7.4.3.), für den Salzburger Standort ist die Handschrift von Johannes Choler der älteste Beleg
(siehe Kap. 9.2.4). Choler war mit Matthäus Lang zweifellos bekannt durch die gemeinsame Her-
kunft und Tätigkeit in Augsburg und könnte sogar von ihm selbst von der Verlegung des auf-
sehenerregenden Fundes erfahren haben.
1537 CP XIII G 14, fol. 188r,2.
1538 Die Höhe der Statue bzw. des heute im Wiener Kunsthistorischen Museum (Inv.-Nr. VI 1) stehen-
den Abgusses beträgt 183,5 cm. Bei Choler und Peutinger fehlen die Größenangaben gänzlich.
1543 Ohne auf diese kunsthistorische Thematik allzu detailliert einzugehen sei hingewiesen auf die
Präsentation des sog. Augsburger Merkur im selben Werk auf Seite 422. Dieser Holzschnitt wurde
bereits sehr früh auf Arbeiten von Dürer zurückgeführt. Auch für den sehr ähnlich dargestellten
„Jüngling“ wurde die Frage nach einem möglichen Zusammenhang mit Dürer gestellt (siehe v. a.
Hauttmann, Dürer, und darauf aufbauend Panofsky, Dürers Stellung zur Antike). Die Parallelen
zwischen den Schnitten des „Jünglings“ und des „Merkur“ bei Apianus/Amantius sind tatsächlich
auffallend: Mit Ausnahme der Unterarme und des Kopfes könnte man sie als beinahe ident
bezeichnen und auch hinsichtlich der Gestaltung des Spielbeines weist der Holzschnitt des „Jüng-
lings“ im Druckwerk eine größere Nähe zu jenem der Merkurstatue auf als zum Fund vom
Magdalensberg. Der ident gestaltete Lichteinfall spricht zusätzlich für die Annahme, dass der
Holzschnitt des Jünglings nach dem Vorbild der Darstellung des „Augsburger Merkur“ gestaltet
worden ist, aber mit jenen Änderungen, die der Kärntner Fund gebot (und gewiss nicht von Dürer
selbst): Der linke, sich auf die Axt stützende Arm (spiegelverkehrt im Vergleich zur Vorlage aus
Augsburg), der neu ergänzte zweite Unterarm, wodurch die Proportionen nicht mehr harmonisch
wirken, und schließlich der missglückte Kopf des Jünglings, der weder der Statue aus Kärnten
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548