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I. Der italienische Humanismus in Österreich
Wie im gesamten deutschen Sprachraum entsteht auch in Österreich der Humanis-
mus unter vorwiegend italienischem Einfluss, der durch politische und verwandt-
schaftliche Kontakte an den Höfen, durch Programme zur organisatorischen und
ökonomischen Modernisierung der Städte und durch Gründungen bzw. inhaltliche
Neuorientierungen der Universitäten schrittweise in diese Gebiete vordringt. Das
Interesse der Höfe an diesem neuen Typ von Intellektuellen, die als höhere Beamte,
als Historiographen und als Fürstenerzieher eingesetzt werden können und möch-
ten, manifestiert sich ab der Mitte des 15. Jahrhunderts immer deutlicher. Zum
Unterschied vom süddeutschen Raum gibt es allerdings in den österreichischen
Ländern bis in die Frühe Neuzeit kaum Nachfrage nach Humanismus seitens der
Handelsstädte und deren Patriziat, vermutlich weil hier sowohl in ihrer politischen
Struktur als auch in ihrer ökonomischen Kraft mit Nürnberg oder Regensburg ver-
gleichbare Gemeinden fehlen.
Die Situation im Bereich der Universitäten, einem klassischen Betätigungsfeld
der italienischen Humanisten ab dem beginnenden 15. Jahrhundert, ist komplexer.
Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts (1348 in Prag, 1365 in Wien) tritt eine emp-
findliche Konkurrenz für die auf ausländische Studenten spezialisierten italienischen
Universitäten auf,7 weil die Landesfürsten nördlich der Alpen die Errichtung von
Universitäten auf Grund des nun bereits einsetzenden Interesses an einem National-
staat betreiben. Sowohl ideelle als auch materielle Gründe sprechen für die Ausbil-
dung der künftigen Elite im eigenen Land, in das man später wegen der steigenden
Nachfrage nach einer Rhetorik-Ausbildung im Sinne des Humanismus eventuell
auch ausländische Lehrer aus Prestigegründen beruft. Zunächst leisten aber die im
Geist des Mittelalters gegründeten Institutionen gegen das Vordringen eines neuen
Fächerkanons, der ihre an der scholastischen Tradition orientierten Programme in
7 Vgl. Paul F. Grendler: The Universities of the Italian Renaissance. Baltimore / London 2002. – Arnold
Luschin von Ebengreuth: Österreicher an italienischen Universitäten. Wien 1886. – Arnold Luschin von
Ebengreuth: I sepolcri degli scholari tedeschi in Siena. Siena 1896. – Gustav Knod: Deutsche Studenten
in Bologna 1289 –1562. Berlin 1899. – Fritz Weigle (Hg.): Die Matrikel der deutschen Nation in Perugia.
1579 –1727. Ergänzt nach den Promotionsakten der Consiliarwahllisten und der Matrikel der Universität
Perugia im Zeitraum von 1489–1791. Tübingen 1956. – Fritz Weigle (Hg.): Die Matrikel der deutschen
Nation in Siena. 1573–1738. 2 Bde. Tübingen 1962.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549