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diese Weise werden die jeweiligen Historienszenen in
wirkungsvollen visuellen Strategien zu höchst
eindringli-chen
und inhaltlich komplexen politischen
Propaganda-bildern
transformiert, die unmittelbar zeithistorische
Entwicklungen und Problematiken widerspiegeln.
Bemerkenswert sind Breite und Umfang der
graphi-schen
und malerischen Vorarbeiten des Künstlers. Dieses
Material wird von den ersten graphischen
Gedankenskiz-zen
zum Gesamtkonzept über Detailstudien zu einzelnen
Passagen oder auch Figuren bis zur farbigen Ausführung
in detaillierten Aquarellentwürfen und Freskomodellen
vorgestellt. Abgesehen von dem im
Niederösterreichi-schen
Landesmuseum in St. Pölten befindlichen
Ent-wurfskomplex
im Rahmen des Nachlasses des Künstlers
sowie noch in Familienbesitz befindlichen Vorarbeiten
sind erstmals auch die erst kürzlich am Grazer Institut
für Kunstgeschichte aufgetauchten Studien für diesen
Zyklus berücksichtigt. Dieser neue Fund konnte bisher
bestehende Lücken der Werkgenese füllen und fügt sich
nahtlos in das bereits bekannte Material ein.
Die Besonderheit und Qualität dieser Arbeit liegt
sicherlich in der Profession der Autorin begründet:
Materialgeschichtlich differenzierte Beobachtungen,
Beschrei bungen und Analysen erlauben wesentliche
Ein-sichten,
die von rein „kunsthistorischen“ Aspekten aus
verschlossen blieben. Maltechnik und
Übertragungswei-sen
der großformatigen Kartons auf die Wand finden
dabei besondere Berücksichtigung. Höchst
aufschluss-reich
ist auch der anhand dieser Arbeit gewonnene
Ein-blick
in die Bandbreite der verwendeten Papiere und
technischen Herstellungsweisen. Diese
Betrachtungs-weise
auch von einem technologischen Blickpunkt aus
sowie jenem der praktischen Ausführung und
Übertra-gung
eröffnet gänzlich neue
Einsichten.Nach
den historischen Erwerbungsakten zu den
Zeichnungen Kupelwiesers in der Wiener Akademie aus
dem Jahr 1863 war zunächst ein größerer Bestand an
Entwürfen für diesen Ausstattungszyklus im Großen
Sit-zungssaal
für die Sammlung der Akademie vorgelegt
wor-den.
Diese Arbeiten wurden vom Professorenkollegium
im letzten Auswahlverfahren mit dem Argument
ausge-schieden,
Kupelwiesers primäre Bedeutung liege doch
mehr im religiösen Genre. Vorliegende Arbeit kann diese
historische Einschätzung eindrucksvoll und sicherlich
letztgültig widerlegen.
Cornelia
ReiterAkademie
der bildenden Künste Wien,
Kupferstichkabinett, Direktorin a.i.
Vorwort
Der Freskenzyklus von Leopold Kupelwieser im Gebäude
der Niederösterreichischen Statthalterei in Wien zählt zu
den frühesten und zweifellos bedeutendsten
patrioti-schen
Geschichtszyklen des österreichischen 19.
Jahr-hunderts.
Eine detaillierte monographische Betrachtung
zählte bisher allerdings zu den Desideraten der
Kunstge-schichtsschreibung
des 19. Jahrhunderts und wird mit
dieser Publikation eingelöst.
Die vorliegende Arbeit kann in mehrfacher Hinsicht
als ein besonderer Glücksfall betrachtet werden: In einem
interdisziplinären Zugang ist in modellhafter Weise die
untrennbare Verknüpfung von Inhalt und Technik in den
zahllosen Verquickungen und Symbiosen in allen
Filiati-onen
eindrucksvoll nachvollzogen.
Eyb-Green differenziert in klar voneinander
geschie-dene
inhaltliche Komplexe, die unterschiedliche
Frage-stellungen
in den Mittelpunkt stellen: Dem vorwiegend
an Originalquellen orientierten thematisch-inhaltlichen
Teil, der viele neue Aspekte der Geschichtsrezeption in
bildlichen und schriftlichen Quellen aufspürt, folgt der
Blickpunkt auf die Öffentlichkeitswirkung als zentrale
Intention dieses Zyklus in seiner Funktion als politisches
Propagandainstrument. Als letzter und dritter Aspekt
folgt ein minutiöser und reich bebilderter Katalogteil, der
vor allem die Werkgenese unter besonderer
Berücksich-tigung
materialgeschichtlicher Fragestellungen verfolgt.
Technologie, Gebrauchsspuren und Objektgeschichte
sind hier mit speziellem Fokus auf die großformatigen
Kartons Kupelwiesers, die in Zweitverwendung lange zur
Dekoration des Palais Questenberg-Kaunitz dienten,
detailliert beobachtet und analysiert. Hervorzuheben ist
auch der Quellenanhang, der dem Leser anhand des
Primärmaterials einen vertieften Einblick in den
inhalt-lichen
Diskussionsprozess noch vor der malerischen
Rea-lisierung
Kupelwiesers
erlaubt.Die
Autorin ermöglicht vor allem durch diese
unter-schiedlich
fokussierten Annäherungen eine bis dato
feh-lende
umfassende Gesamtschau über diesen
Geschichts-zyklus:
Alle derzeit erreichbaren Quellen und Entwürfe
erlauben erstmals einen Einblick in die minutiös
nachver-folgte
Genese dieses umfangreichen und
entwicklungsge-schichtlich
höchst bedeutsamen Projektes von den ersten
Programmentwürfen des Künstlers bis zum fertigen
Fresko. Die spezifische Auswahl, Zusammenstellung und
Interpretation der jeweiligen Geschichtsszenen wurzelt
zum Teil in der Tradition des 18. Jahrhunderts, teils sind
neue und zukunftsweisende Ansätze der
Geschichtsinter-pretation
etwa in der Transposition sakraler Bildschemata
in einen weltlich-geschichtlichen Kontext impliziert. Auf
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book Das zusammengedrängte Gedenken"
Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306