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24 Ferdinand I. sitzt hier auf einem erhöhten Thron und
empfängt von der vor ihm knienden Personifikation der
Austria ein Buch. Vor dem Thron lehnt der
österreichi-sche
Wappenschild, und am rechten Bildrand befinden
sich zwei Figuren, die mit der Niederschrift eines Textes
(„Verkehr auf schriftlichem Wege“) beschäftigt sind. Im
Hintergrund ist die Silhouette des Stephansdomes
erkennbar. An den beiden Zeichnungen lässt sich die
Arbeitsweise Kupelwiesers gut nachvollziehen: Während
die Komposition bereits im ersten, skizzenhaften Entwurf
festzustehen scheint, überarbeitete der Künstler in der
Pause noch einige Details. Neigt sich Ferdinand I. im
ersten Entwurf der vor ihm knienden Austria zu, ist sein
Kopf in der zweiten Fassung hoch erhoben, die Austria
wird weiter zurückversetzt, und die fast innige Situation
der ersten Fassung wird durch den herrschaftlichen
Ges-tus
zu einer formellen Konstellation. Die Pause auf
Trans-parentpapier
wurde weiters im Bereich der Faltenwürfe
der Austria überarbeitet und die Handstellung der Figur
am rechten Rand verändert. In diesem Entwurf werden in
die vormals rein allegorische Darstellung der Austria die
historischen Figuren Kaiser Ferdinand I. und seine
Schreibgehilfen eingeführt, der Ort wird durch die
Andeutung des Stephansdomes bestimmt und Requisiten
wie die römisch-deutsche Reichskrone oder
Dokumen-tenrollen
mit Siegeln schaffen eine historische Situation.
eine Frontalansicht. Ob dieser Entwurf eine frühere
Fas-sung
darstellt oder nach der Ausführung des Aquarells
entstand, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen.
Mög-licherweise
legte Kupelwieser zu Beginn seiner Arbeit die
Aquarellentwürfe vor und änderte diese auf Wunsch der
Kommission dann ab; in diesem Fall führte er den ersten
Gesamtentwurf und die Pauszeichnung auf
Transparent-papier
zu einem späteren Zeitpunkt aus.
Als weitere Möglichkeit für das zentrale Mittelbild
nennt Kupelwieser im ersten Programmentwurf gleich
darauf noch ein anderes Thema:
„Eine andere Zeichnung zum Mittelbild zeigt in allegorischer
Darstellung den Kaiser Ferdinand I. […] welcher die
nied.[er] öst.[erreichische] Regierung einsetzt. Diesen
Gegenstand hat der E[ndes].G.[efertigte] erlaubt dem u.
vorstellen zu müssen weil F.[erdinand] I. die Regierung in
ihrer jetzigen Form begründet und gleichsam selbst als
Praeses den schriftlichen Ausarbeitungen vorgestanden weil
von dieser Zeit an wie vordem als die Art des Regiments bloß
auf Schwert und Bischofsstab gestellt war der Verkehr auf
schriftlichem Wege eingeführt war. Es ist hier wieder die
Austria welche vom Kaiser die Insignien des Rechtes und
der Macht empfängt auch hier sind jugendliche Gestalten
welche sich mit der neuen Art, die schriftliche bezeichnend,
befassen.“41
Zu diesem Vorschlag befinden sich im
Niederösterrei-chischen
Landesmuseum eine entsprechende
Zeich-nung42
und eine Pause43 davon. (Abb. 11, 12)
Abb. 11: „Die Austria empfängt vom Kaiser die Insignien des
Rechts und der Macht. (Ferdinand I. setzt 1540 die
nieder-österreichische
Regierung ein)“; Kohle über Bleistift, geripptes
Papier, 332 x 254 mm; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/349. Abb. 12: „Die Austria empfängt vom Kaiser die Insignien
des Rechts und der Macht. (Ferdinand I. setzt 1540 die
nieder-öster
reichische Regierung ein)“; schwarze Feder und Bleistift,
Transparentpapier, 168 x 165 mm; Nö. Landesmuseum,
Inv. Nr. 7000/1037.
41 Programmentwurf I, siehe
Anhang.42
Niederösterreichisches Landesmuseum, Inv. Nr.
7000/349.43
Niederösterreichisches Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/1037.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306