Page - 83 - in Das zusammengedrängte Gedenken
Image of the Page - 83 -
Text of the Page - 83 -
83
und die – in der Literatur stets erwähnte – Schiffbrücke
sind Gegenstand einer Umrisszeichnung nach einem
Ausschnitt der Siegessäule Marc Aurels, die Hormayr
1823 publizierte.287 Die Schiffsbrücke auf dem Fries von
Kupelwieser weist große Übereinstimmung mit jener
Illustration auf.
Die Darstellung des Kaisers im rechten Bildteil
ent-spricht
wiederum genau einer Illustration zu Ziskas Text,
die ein Porträt Marc Aurels nach einer Büste im k. k.
Münz- und Antiken-Cabinett von Ludwig Schnorr von
Carolsfeld zeigt.288 (Abb. 120)
Abb. 120: „Marc Aurel nach einer Büste im k.k.
Münz= u. Antiken-Cabinette, von C. Schnorr“;
Bildquelle: Ziska (1847).
Die Geschichtsschreibung schwankt hier zwischen einer
idealen Auffassung von Historie, in der Ereignisse in ein
System von Symmetrien, Bedeutungen und Verweisen
eingebunden werden, und einer neuen, den historischen
Quellen verpflichteten
Wissenschaft.Der
Tod Marc Aurels wird in den geschichtlichen Werken
der Zeit meist nur sehr knapp berichtet:
„Vindobona, das er höchst wahrscheinlich zu seiner Muni
cipalstadt erhoben hatte, war der Ort seines Todes. Hier
wurde der feierliche Leichenbrand begangen […]“283,
kommentiert Ziska
knapp.In
Anton Zieglers Vaterländischer Bilder Chronik wird
der Tod des Kaisers zugleich Verweis auf die zukünftige
Größe Wiens und Österreichs.
„Marc Aurel […] starb zu Wien, an demselben Ort, wo ein
tausend Jahre später eine lange Reihe römischer Kaiser aus
demselben Volke, welches er zu verdrängen und zu vertilgen
trachtete, herrschen sollte.“284
Durch die Beschreibung Marc Aurels als einen der besten
Kaiser, welche Rom beherrscht haben, und die gleichzeitige
Identifikation mit seinen Feinden, den deutschen Völker
schaften, die nicht nur in geschichtlicher Analogie,
son-dern
auch in der Ableitung der eigenen Herkunft eine
identitätsstiftende Rolle erhalten, entsteht hier ein
merk-würdiger
Kontrast. Das ambivalente Verhältnis zum
römi-schen
Reich und seinen Feinden wird in Kupelwiesers
Gemälde durch den Meilenstein in der Bildmitte
deut-lich:
Der Tod des römischen Kaisers – Verweis auf den
Untergang des Weltreichs – wird zum Meilenstein in der
österreichischen Geschichte; erst durch das Ende des
Imperiums ist eine selbständige Entwicklung Österreichs
möglich, wie im Erläuterungstext festgestellt wird.
Zu den bildlichen Quellen
Die Ereignisse der Markomannenkriege, darunter auch
das Regenwunder im Quadenland, sind als spiralförmig
umlaufendes Band von Reliefs auf der Marc-Aurel-Säule
in Rom285 dargestellt. Kupelwieser bezieht sich in seinem
Fries stilistisch deutlich auf diese antike
Darstellungs-form.
Auch Ernst Lafitte illustrierte Ziskas Beschreibung
der Quadenschlacht mit einer Zeichnung nach dem
Bas-relief
der Marc-Aurel-Säule.286 (Abb.
119)Unter
anderem nimmt er darin auch die
herausra-gende
Szene des Regenwunders auf, in der auf der Säule
Jupiter Pluvius als alter Mann mit langem Bart und weit
ausgebreiteten Armen erscheint, aus denen es in Strömen
regnet. Möglicherweise war diese Figur des Jupiters
Vor-bild
für den sitzenden alten Mann mit dem Wasserkrug
in Kupelwiesers Fries. Auch der Übergang über die Donau 283 Ziska (1847) p.
13.284
Ziegler (1843 – 1849) 1. Bd., p. 71, Fußnote
(**).285
Die Marc-Aurel-Säule wurde im Jahr 196 n. Chr.
fertiggestellt.286
Ziska (1847) p.
12.287
Hormayr (1823 – 1825) 1. Bd., Heft 3,
Anhang.288
Ziska (1847) p. 13.
Abb. 119: „Die Quadenschlacht, ein Basrelief der antoninischen
Siegessäule, gez. von Ernst Lafitte“; Bildquelle: Ziska (1847).
back to the
book Das zusammengedrängte Gedenken"
Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306