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an Ländereien – notwendig gewordenen Reformen der
inneren Verwaltung des Reiches unter Ferdinand werden
im 7. Band dieser Reihe eingehend beschrieben und
dürf-ten
Kupelwieser als Vorlage für seinen Bildgegenstand
gedient haben:
„Um die Mitte des 14ten Jahrhunderts wurde dieser Hoftai
ding in der Hofschranne schon bleibend in Wien gehalten.
[…] Die neuere Gestalt bildete sich unter Maximilian und
eigentlich erst unter Ferdinand aus. Das Landrecht kam seit
1510 in Zerrüttung […] und Kaiser Maximilian setzte eine
Landrechts
Verwesung ein. […] Ferdinand ergänzte und ver
besserte vieles in der Haltung dieses Gerichts, zunächst
durch die schon 1530 abgedruckte, in mehreren Punkten
abgeänderte Maximiliansche Verfügung, dann durch die
Landrechtsordnung vom 12. Jänner 1540 und durch die voll
ständigere vom 20. November 1554.“411
Das Thema Einsetzung der niederösterreichischen
Regie-rung
durch Ferdinand I. hat in der österreichischen
Ge-schichtsmalerei
keine Darstellungstradition. Einige
kom-positorische
Elemente erinnern jedoch an das Gemälde
Kirchenversammlung in Frankfurt am Main (1842) von
Julius Schnorr von Carolsfeld in der Münchner Residenz.
Die zentrale Figur des Herrschers, die von Beratern und
Schreibern umgeben ist, und die Figuren im Hintergrund
– in diesem Fall sind es Mönche –, welche, auf einer
Lei-ter
stehend, Bücher aus einem Regal holen, hat
Kupelwie-ser
in seine Darstellung aufgenommen und variiert.
Ähn-lich
seinem Münchner Kollegen, versucht Kupelwieser
den eher sperrigen und abstrakten Bildgegenstand nicht
durch allegorische Formeln, sondern durch
kompositio-nelle
Struktur und Bezüge zwischen den Figuren dem
Betrachter auch inhaltlich zu vermitteln.412 Durch die
Ge-genüberstellung
von Ferdinand I. mit der Figur des
Schrei-bers,
die zusammen die horizontale Hauptachse der Kom-
berger d.Ä.404 entsprechen. Lediglich die linke Hand
wurde – dem Bildinhalt entsprechend – abgewandelt und
weist nun auf ein am Tisch liegendes Schriftstück, und
die Figur ist zu jener in Bocksbergers Gemälde
spiegel-verkehrt.
Links hinter dem Kaiser sind mehrere Räte
dar-gestellt,
wobei einer von ihnen durch seine Tonsur als
Angehöriger des Prälatenstandes gekennzeichnet ist.405
Ein Schreiber sitzt rechts von Ferdinand und ist mit der
Aufzeichnung der ihm diktierten Worte beschäftigt.
Hin-tergrund
und unmittelbarer Vordergrund der
Komposi-tion
werden durch architektonische Elemente gestaltet.
Links im Hintergrund kann man durch das weit geöffnete
Fenster den Turm des Stephansdomes gut erkennen,
wodurch der Ort der Versammlung, die Burg in Wien,
bezeichnet wird.406
Auffallend sind die unterschiedlichen zeitlichen
Ein-ordnungen
des Ereignisses im Entwurf und in der
Aus-führung.
Im zweiten Gesamtentwurf zu den Decken- und
Wandgemälden wird diese Szene mit 1527 datiert. Am
1. Jänner dieses Jahres wurden die Hofbehörden Hofrath
und Regiment gebildet407, dieses Datum wird allerdings
in dem ausführlichen Geschichtswerk zur Regierung
Fer-dinands
I. von Franz Bernhard Buchholz nicht erwähnt.
Im Karton und dem ausgeführten Fresko erkennt man auf
der Truhe im Vordergrund jedoch die Jahreszahl 1540,
welche auch im zweiten und dritten Programmentwurf als
Zeitpunkt der Einsetzung der niederösterreichischen
Regierung angegeben wird. Wahrscheinlich bezieht sich
diese Angabe auf die Landrechtsordnung vom 12. Jänner
1540.408
Literarische und bildliche Quellen
Die niederösterreichische Regierung – genauer das Regi
ment der fünf Niederösterreichischen Lande (Vorläufer der
niederösterreichischen Regierung)409 – wurde eigentlich
von Maximilian I. in den Jahren von 1493 – 1519
instal-liert.
Ferdinand verbesserte die Organisation des
Regi-ments
und verlegte dessen ständigen Sitz 1510 nach
Wien, wo es bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts in
nächs-ter
Nähe der Burg im Haus der alten Hofkammer
unter-gebracht
war.410
In der, im Rahmen dieser Arbeit, untersuchten
zeit-genössischen
Literatur werden größtenteils
außenpoli-tische
Ereignisse aus der Regierungszeit Ferdinands I.
behandelt, so etwa die Schlacht von Mohacs 1526 oder
die Bedrohung Wiens durch die Türken 1529. Eine
Aus-nahme
bildet das bereits erwähnte neunbändige Werk
über die Geschichte der Regierung Ferdinands, das der
Historiker Franz Bernhard von Buchholz in den Jahren
1831 bis 1839 veröffentlichte. Die – durch den Zuwachs 404 Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. 4386. Vgl.: Heinz;
Schütz (1976) p. 76 und Abb.
50.405
Die Zusammensetzung der Regierung wird bei Buchholz
folgen-dermaßen
angegeben: 3 Rechtsgelehrte, ein Angehöriger des
Prälatenstandes und eine beliebige Anzahl Angehöriger des
Her-ren-
und Ritterstandes. Vgl.: Buchholz (1831 – 1839) 7. Bd., p.
17.406
Buchholz macht dazu folgende Angabe: 1522 – 1524 tagte die
Regierung in (Wiener) Neustadt, erst nach dem 2. Nürnberger
Reichstag wurden die Zusammenkünfte nach Wien in die Burg
verlegt. Vgl. Buchholz (1831 – 1839) 7. Bd., p.
17.407
Vgl.: Starzer (1897), p.
20.408
Vgl.: Buchholz (1831 – 1839) 7. Bd., p.
36.409
Zu den Niederösterreichischen Landen zählten zu der Zeit
Öster-reich
ob und unter der Enns, Kärnten, Krain, Isterreich und
Karst; mit Oberösterreich bezeichnete man Tirol und die
Vor-lande.
Vgl.: Starzer (1897) p. 5.
410 Vgl.: Forstreiter (1930) p.
72.411
Ebd. p.
30ff.412
Vgl.: Fastert (2000) p. 209ff.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306