Page - 117 - in Das zusammengedrängte Gedenken

117 Die Szene im Hintergrund zeigt die erbitterten Kämpfe um eine der wichtigsten Befestigungsanlagen, die Löbel-bastei. Dieser dramatische Moment in den ersten Sep-tembertagen des Jahres 1683, knapp vor dem Ende der Belagerung, wurde schon auf zahlreichen zeitgenössi-schen Stichen festgehalten. Hormayr widmet der zweiten Türkenbelagerung Wiens zwei Hefte in seinem Österrei-chischen Plutarch und schildert die Ereignisse um die Löbelbastei wie folgt:„Aber am 4. und 5. September bemächtigten sich die Feinde durch die Sprengung verschiedener Minen der Burg­ und Löbelbastey, und ließen siegestrunken ihre Rossschweife dar­ auf wehen: allein beyde Starhemberge verwandelten die nahen Häuser in Batterien, füllten die großen Breschen schleunig aus, verbollwerkten die anstossenden Gassen und jede Handbreit Erde mussten die Türken mit dem Verlust von Tausenden gewinnen.“417 Prinz Eugen von Savoyen, die mit erhobenen Schwertern vom linken Bildrand zur Bildmitte hin stürmen, domi-niert. Vorder- und Mittelgrund der rechten Bildhälfte werden von fliehenden Türken eingenommen, im Hinter-grund ist links die Löbelbastei zu erkennen und in der Mitte die Bresche in der Stadtmauer, wo den eindringen-den Türken Widerstand geleistet wird. Dahinter ragen die Türme des Stephandoms und der Michaelerkirche über die brennenden Dächer der belagerten Stadt. Ganz links im Vordergrund wird Bischof Kollonitsch dargestellt, der die Waisenkinder der Gefangenen um sich schart. In diesem Gemälde überblendet Leopold Kupelwieser mehrere Zeitebenen, überlagert konkrete historische Ereignisse mit symbolischen Zitaten und verdichtet so eine Vielzahl von Elementen aus dem Bilder-Kanon, der sich im Laufe der Jahrhunderte um die Türkenkriege gebildet hatte, zu einer Synthese. Das historische Gesche-hen, die Stürmung der Löbelbastei, ist dabei gewisserma-ßen um ein in historische Aktion umgesetztes Gruppen-porträt der drei Helden Salm, Starhemberg und Prinz Eugen angeordnet. 417 Hormayr (1807 – 1814) 4. Bd., 2. Abt., p. 65. Abb. 169: „Die Türkenkriege“; Aquarell über Bleistift, dickes Velin-Papier (Aquarellpapier), 190 x 272 mm; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/341.