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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
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126 „Sämtliche Schüler der Akademie aus allen Kunstfächern waren in dem großen Antiken­ Saale versammelt. Auf der erhöhten Modellbühne standen die Professoren, der Nestor der Akademie Schmutzer, Jakobi, Vincenz Fischer, Martin Fischer, der Anatom und Bildhauer, der ernste Maurer, der feurige Lampi, der schlachtenathmende Kauzig an ihrer Spitze der herrliche stattliche Füger, den Aufruf zu den Waf­ fen lesend, mit allem Pathos seiner sonoren Stimme. Hun­ derte von Stimmen jauchzten ihm entgegen, fest schlugen wir die Hände ineinander zum Schwur, zu leben und zu sterben für den heiligen häuslichen Herd, für Vaterland und Kaiser,­ glühend wetteiferten wir unsre Namen in die Reihe begeis­ terter Vaterlandsvertheidiger einzutragen; den braven Pro­ fessoren rannen Tränen über die ernsten Gesichter. Heilige Augenblicke, nie werde ich euch vergessen!“456Auch der Herzog von Württenberg, seit 1796 Komman-dierender General in Inner- und Oberösterreich457, mel-dete sich zum Freiwilligen-Corps und wurde zu dessen Oberbefehlshaber ernannt. Er zog mit 11 000 Mann Rich-tung Steiermark, kehrte aber bereits wenige Tage später nach dem Waffenstillstand in Leoben zurück nach Wien, und das Corps wurde aufgelöst. Die Ereignisse der April-Tage 1797 inspirierten in der Folge Historiker, Dichter und Musiker zu einer Reihe von Werken. Beethoven komponierte den Abschiedsgesang an Wiens Bürger beim Auszug der Wiener Freiwilligen, Franz Xaver Süßmayr schrieb einen Marsch für das Frei- Im zweiten Gesamtentwurf für die Wand- und Deckenge-mälde ist die Komposition bereits der Form des Bildfeldes angepasst; entsprechend wurde auch die Nebenszene für das schmale, rautenförmige Bildfeld hinzugefügt: Erst-mals taucht hier das Motiv des „Abschied nehmenden Frei­ willigen“ auf, der Frau und Kind verlässt, während er sich in der später als Karton ausgeführten Version von seinen alten Eltern verabschiedet. (Abb. 182)Das Gemälde schildert eine Szene aus den Tagen der Franzosenkriege, als der niederösterreichische Regie-rungspräsident Franz Josef Graf von Saurau454 im April 1797 aus Mangel an Truppen die Volksbewaffnung zur Verteidigung Wiens gegen die vordringenden Truppen Napoleons organisierte. Bereits vier Jahre zuvor hatte Freiherr Josef von Sumerau im Breisgau einen Landsturm aus bewaffneten Bauern nach dem Muster älterer ländli-cher Milizsysteme gebildet, die durch den Journalisten Michael Armbruster propagandistisch unterstützt wurde. Diesem Muster folgend, gab Graf Saurau im Winter 1796 bei dem Dichter Leopold Lorenz Haschka den Text für eine Hymne in Auftrag, die in der Vertonung von Joseph Haydn angesichts der bevorstehenden Mobilma-chung gegen Frankreich patriotische Stimmung schaffen sollte. Erstmals wurde von Saurau in diesem Zusammen-hang auch der Begriff der Österreichischen Nation geprägt, der, im Gegensatz zur frühen Neuzeit, nun die gesamte österreichische Monarchie umfasste.455 Tatsäch-lich löste der Aufruf zum Volkssturm im April 1797 eine Welle der Begeisterung in der Bevölkerung aus. Beson-ders eindrucksvoll berichtet Carl Ruß, Kammermaler Erz-herzog Johanns, von dem Aufruf zum Volkssturm an der Akademie der bildenden Künste in seinem Tagebuch: Abb. 181: Entwurf für das Gemälde „Die Aufgebote von 1797“; Bleistift, Transparentpapier, 155 x 240 mm; Beschriftung verso [fälschlich, Anm.]: „Der Fahneneid 1848“; Universität Graz, Institut für Kunstgeschichte. Abb. 182: Detail aus dem zweiten Gesamtentwurf für die Wand- und Deckengemälde: Bildfeld „Wiener Aufgeboth 1797“; Bleistift, geripptes Papier, gesamt 418 x 569 mm; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/348. 454 Franz Josef Graf von Saurau (1795 – 1797 Regierungspräsident, 1809 – 1814 Statthalter).455 Vgl.: Telesko (2006) p. 51.456 Zit. nach: Koschatzky (1959) p. 31.457 Wurzbach (1856 – 1891) Bd. 58, p. 248ff.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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