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146 Sorgfalt im angefangenen Bilde nachgetragen, einmal das
selbe sogar zerstört und von neuem ausgearbeitet.“
Rechts von Rudolf hält ein zweiter Genius Kreuz und
Zep-ter,
die auf das Ereignis der Belehnung mit dem Kreuz statt
des Zepters verweisen. Rudolf soll bei der Belehnung der
Reichsfürsten das Zepter nicht bei sich gehabt haben und
stattdessen ein Kruzifix zur Hand genommen haben.
Anton Ziegler beschreibt diese legendenhafte
Begeben-heit
in seinem Geschichtswerk Galerie aus der österreichi
schen Vaterlandsgeschichte:
„Ruhig und entschlossen erhebt sich der König von seinem
Sitze, erfasst von dem nächsten Altare ein Crucifix, hebt es
in die Höhe und spricht mit ernsten Zügen, mit festem, fei
erlichen und unveränderten Tone: ,Sehet hier das Zeichen
des Heiligsten, des Erlösers der gesammten Menschheit, der
sein Blut für uns alle gab. Ich werde mich dessen als treff
lichsten Zepters gegen jene bedienen die mir, und dem Rei
che, widerspenstig seyn wollen!‘“510
Auch in der Vaterländischen Bilder Chronik Zieglers findet
sich das Motiv in einer Illustration wieder.511
Das Kreuz-Motiv wird in der Legende von Rudolfs I.
Krönungs-Zeremonie wieder
aufgenommen:„Dieses
Werk der Andacht zu dem hl. Kreuz ist gleichfalls
dem Rudolf vom hohen Himmel herrlich und stattlich beloh
net worden, denn als er in der Vigil Aller Heiligen zu Aachen
„Fig. I: Ein altes, mit Wasserfarben gemaltes Conterfey
Rudolphs, welches ohne Zweifel für Kaiser Maximilian I. ein
unbekannter Maler nach dem Grabsteine dieses Königs zu
Speier verfertigt hat. […] Die Gelegenheit, die sich hier zur
Bekanntmachung dieses Denkmahles darbietet, war uns in
dem jetzigen Augenblick doppelt willkommen, wo durch die
preiswürdige Sorgfalt deutscher Herrscher die kaiserl. Gruft
in Speier nach jahrelanger Entweihung ihrer Herstellung
entgegensieht, nachdem die dahin zielenden Entwürfe des
königl. Bairischen Hofbau Intendanten von Klenze bereits
die allerhöchste Genehmigung erhalten
haben.Fig.
II: Der Grabstein selbst, der Rudolphs irdische Reste
bedeckte, ist leider bei der zweimaligen Verwüstung der Gruft
durch die Franzosen, 1689 und 1793, nicht verschont geblie
ben. […] Wir geben davon [von der Figur, Anm.] auf dem
letzten Blatte eine Durchzeichnung aus des Grafen Alexander
Laborde neuestem Prachtwerke ,Voyage en Autriche‘“ damit
der Leser in den Stand gesetzt werde, die zu Maxens Zeit
gemalte Kopie unter Nro. I mit dem Urbilde (wenn wir
anders dem Stiche bei Laborde trauen dürfen) zu vergleichen.
Der Kopf ist auf dem Original Stein verstümmelt, und
Labordes Zeichnung scheint stark nachgeholfen zu haben
[…].
Wir können hier einen, unsern Grabstein betreffenden
Umstand, den der Steiermärkische Ritter und Dichter, Otto
kar Horneck, ein Zeitgenosse Rudolphs, in seiner Reimchro
nik, wenn auch vielleicht nicht ohne Übertreibung erzählt
[…] nicht unerwähnt lassen: Der Steinmetz nämlich, der
Rudolphs Grabstein bei Lebzeiten des Königs verfertigte,
habe jede neue Falte, die das Alter in sein Gesicht legte, mit
Abb. 228: „Rudolf I. ergreift bei seiner Krönung das Kruzifix statt des
Zepters“; Bleistift, geripptes Papier, 236 x 306 mm;
Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/266. Abb. 229: „Rudolf I. ergreift bei seiner Krönung das Kruzifix statt des
Zepters“; Aquarell, 220 x 270 mm, bez.: „Kupelwieser inv. 1838“, links auf dem
Seitenpodest: „1273“; Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv,
Bildquelle: Nö. Landesmuseum, Kupelwieser-Archiv (Kopie davon).
510 Ziegler (1837) Text zu Bild Nr. 4: Rudolf belehnt mit dem
Kreuz.511
Ziegler (1843 – 1849) 1. Bd., Text zu Bild Nr. 86: Rudolf I belehnt
die Fürsten mit dem Zepter statt mit dem Kreuz.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306