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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Page - 181 -
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181 „An die kais: Kön: nied: öst: hochlöbliche Civil Bau DirectionÜberreicht der Unterzeichnete hiermit, nach von Seite der k.k. Academie der bildenden Künste an ihn ergangenen Auf­ trag, sein Gutachten und Kostenüberschlag, die Ausbesse­ rung sämmtlicher Gemählde und Vergolder Arbeiten in der k. k. Universitäts Kirche betreffend. Die dreyßig Öhlgemählde dieser Kirche sind kleiner Repara­ turen und Fürniße bedürftig, da aber nicht Alle so beschädigt sind, daß sie auf neue Leinwand übertragen werden müßen, so entbiethet sich Unterzeichneter, diese Gemählde um den Preis von fünfunddreyßig Gulden Con: Mün: pro Stück, res­ tauriert, gefürnißt, in vollkommen guten Stande herzustellen. Die Gemälde an dem Plaffond der Kirche sind ursprünglich nicht rein in Fresco ausgeführt sondern wohl in dieser Manier untermahlt, wie theilweise an stehengebliebenen Stellen und am Ansatze des Anwurfs deutlich zu sehen, dann aber mit Leimfarben übermahlt und fertig gemacht; diese Mahlart hat darum in der für Fresco’s nicht sehr langen Frist seyt Entste­ hung derselben, so nachtheilig auf sie gewirkt, weil die unpas­ sende Zusammenstellung der Fresco und Leimfarbe dergestalt auf die Gemählde Einfluß hatte, daß bey den Ausdünstungen der Mauer im Frühjahre, der Leim der obenliegenden Farben naß wird, sich von den untenstehenden Fresco Farben son­ dert, in kleinen zusammengeschloßenen Theilchen bey fol­ gender warmer Temperatur trocknet, sich losschält, und die darunter stehende, nunmehr anklebende Fresco Farbe mit sich abreißt, welchen Erfolg Unterzeichneter bey vielen Fresco’s in Italien bemerkte, welche mit Leimfarben ausgebes­ sert und übermahlt wurden. Hingegen die Leimfarben ohne unterliegende Fresco wohl abstehen, und an Farbhelle verlieh­ ren, jedoch nicht abspringen; Dieser Gefahr wäre demnach jede, gegenwärtig vorzunehmende Reparatur mit Leimfarben ausgesetzt, und in einem Zeitraume von 20 – 30 Jahren würde noch weniger als jetzt von den Bildern zu sehen seyn; weil die nun darüber gezogene Leimfarbe desto stärker einzuwirken fähig wäre. Mit Öhlfarben diese Gemählde auszubessern, ist wegen dem diesen Farben eigenthümlichen Glanze, und wegen Zerset­ zung des Bleyweißes nicht zu wagen.Die jetztbestehenden Gemählde herunterzunehmen und wie sie jetzt sind neu hinaufzumahlen achtet Unterzeichneter wohl bey dem mittleren Architekturgemählde anwendbar, dieß stellt eine Kuppel perspectivisch gemahlt vor, und ist mit gro­ ßer Meisterschaft ausgeführt, jedoch wegen obenerwähnter Mahlart schon dermassen beschädigt, daß keine andere Wie­ derergänzung möglich ist, als nach früher gemachter kleiner Kopie und Pausen, genau wie es jetzt ist, nur al Fresco, /:ohne in anderen Ländern der Fall ist, in werkthätiges Leben brin­ gen, somit auch bei uns eine höhere kunstgeschichtliche Zeit hervor rufen.“624Das erste große Freskenprojekt in Österreich wurde jedoch bezeichnenderweise weder vom Hof noch vom Bürgertum initiiert, sondern von der katholischen Kirche. „Die Kirche hat sehr bald die erziehende Kraft der bildenden Kunst begriffen und, sobald ihre Existenz gesichert war, sich dieses Mittels reichlich bedient […]. Die Kirche übrigens hat in dieser Beziehung eine leichter zu erfüllende Aufgabe als der Staat; sie rüttelt nicht an dem Prinzipe, worauf sie ruht, an der Idee, zu deren Verkündigung sie die Kunst auf­ fordert; sie bekämpft wohl manchmal die Staats­ Idee, aber nicht sich selbst […]“625,schrieb Rudolf Eitelberger rückblickend. 1844 wurde Leopold Kupelwieser damit beauftragt, die vom Architekten Carl Roesner geplante Johann-Nepo-muk-Kirche in der Praterstraße mit einem Freskenzyklus auszuschmücken. Erste Eindrücke der Technik und ihrer Möglichkeiten hatte Kupelwieser wohl schon bei seinem Aufenthalt in Rom 1824 gewonnen, wo zu der Zeit die jungen Nazarener an der Ausschmückung der Villa Massimo arbeiteten. Anders als Führich, der 1829 bei dem Projekt selbst mitarbeitete, konnte Kupelwieser in Rom jedoch keine praktischen Erfahrungen in der Aus-übung von Freskomalerei sammeln. Der Vorschlag, den er 1830 im Zuge eines Ausschreibungsverfahrens zur Restaurierung der Universitätskirche an die k. k. Baukom-mission einreichte, zeigt allerdings, dass Kupelwieser sich mit der Technik bereits intensiv beschäftigt haben muss. In dem Brief verleiht Kupelwieser seiner Hoffnung Ausdruck, dass durch eine Restaurierung der Wand-malereien in der Universitätskirche die Freskomalerei in Österreich wieder an Bedeutung gewinnen könnte; sein Urteil über Andrea Pozzos Gemälde lässt deutlich den Einfluss nazarenischer Stilnormen erkennen, gemäß denen malerische Effekte, „Farbprunk und glänzende Licht­ effekte“ verachtet, auf Raumillusion und perspektivische Verkürzungen verzichtet und die Aufmerksamkeit auf „Composition, Styl, und Zeichnung“ gerichtet wurde. Kupelwiesers Beobachtungen und präzise Beschreibun-gen zu den Schadensphänomenen und deren Ursachen sowie seine Überlegungen zu restauratorischen Eingrif-fen, Rekonstruktionen und Neugestaltungen machen Kupelwiesers Brief nicht nur zu einem Zeugnis seiner Auseinandersetzung mit Freskotechnik, sondern auch zu einem wichtigen Dokument der frühen Denkmalpflege und der Brief soll deshalb in vollem Wortlaut wieder-gegeben werden. 624 Österreichische Blätter für Literatur und Kunst, II. Quartal, Nr. 13, 15. Mai 1844.625 Eitelberger (1879) p. 69f.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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