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Kartons wurden darauf gelegt. Am Zielort sollten die
Kartons nach Anweisung des Künstlers sofort auf
Nässe-schäden
kontrolliert und an einem trockenen Ort ausge-
Noch 1949 vergleicht Rupert Feuchtmüller in seinem
Werk über das Niederösterreichische Landhaus
Kupel-wiesers
Kartons mit den Fresko-Ausführungen in der
Niederösterreichischen Statthalterei und bemerkt:
„[…] seine [Kupelwiesers, Anm.] künstlerische Bedeutung
[…] erschließt erst sein graphisches Werk. In den Abbildun
gen ist daher auf die mit Kohle gezeichneten Kartons zu den
Fresken zurückgegriffen, denn in der farbigen Ausführung
scheint jeder Ausdruck wie durch einen leichten Schleier
gemildert und in seiner ursprünglichen Kraft geschwächt.“788
Der Band enthält sechs Lichtdrucktafeln nach
Fotogra-fien
der Kartons von Karl Berens.
Transport, Schäden und
RestaurierungenTransporte
von Kartons wurden zunehmend häufiger, als
diese zu Ausstellungen teilweise quer durch Europa
ver-sendet
oder als Vorlage für Reproduktionsgraphiken an
den jeweiligen Stecher geschickt wurden. Schon allein
das große Format erschwerte die Beförderung; das fragile
Material Papier, das durch Feuchtigkeitseinwirkung
schnell zerstört werden und bei geringer mechanischer
Belastung reißen kann, machte Transporte noch
kompli-zierter.
Die meisten Kartons wurden nicht zuletzt auch
deshalb schon früh – oft noch vor Beginn der Zeichnung
– kaschiert und die Zeichnung selbst gut fixiert. Nicht
selten behalfen sich die Künstler damit, ihre Kartons
selbst in mehrere Bahnen zu zerschneiden, um sie
leich-ter
verpacken zu können. So sendete Julius Schnorr von
Carolsfeld seine ca. 6 x 6 m großen Kartons für die
Münchner Kaisersäle, Friedrich Barbarossa’s Einzug in
Mailand, Friedrich Barbarossa’s Zusammenkunft mit Papst
Alexander III. in Venedig789 und Rudolf von Habsburg wah
ret den Landfrieden790 in drei Bahnen aufgetrennt und
gerollt an Julius Thaeter, um sie von ihm stechen zu
las-sen791;
ebenso verfuhr er mit allen Kartons, die im Laufe
der Jahre Thaeters Schülern als Vorlage für ihre
Repro-duktionen
des Zyklus zur Verfügung gestellt wurden: Die
Eroberung Pavias792, Friedrich von Hohenstaufen wird 1152
zu Frankfurt am Main als Kaiser ausgerufen793, Friedrich
Barbarossas Reichsfest in Mainz794 oder Der Brunhilde
Empfang zu
Worms.795Darüber
hinaus stellte Schnorr von Carolsfeld schon
früh Überlegungen zum Transport von Kartons, dem
Procedere nach deren Eintreffen, zur Verpackung und
Präsentation an. In seinem Atelier montierte Schnorr
die Kartons in einer von ihm selbst konstruierten,
Rollo-artigen
Vorrichtung, mit der er sie ein- und aufrollen
konnte.796
Für den Transport wurden spezielle Kisten
angefer-tigt,
in denen die großformatigen Kartons über einen
festen Kern gerollt zuunterst gelegt wurden; die kleineren 788 Feuchtmüller (1949) p.
39.789
Seeliger (2005) p. 134.
790 Radierung und Kupferstich von Julius Thaeter als Jahresgabe des
Sächsischen Kunstvereins für 1844, fertiggestellt 1845. (Vgl.:
Seeliger 2005, p. 136). Der Karton zu diesem Bild ist in drei Teile
zerschnitten, siehe dazu die Auflistung von Kartons bei Lewerken
(1999) p. 25.
791 Seeliger (2005) p.
132.792
Hädrich; Knoop (1999) p.
26.793
Radierung und Kupferstich von Conrad Denk, 1863 (Vgl.: Seeliger
2005, p. 144). Der Karton zu diesem Bild ist in drei Teile
zer-schnitten,
siehe dazu die Auflistung von Kartons bei Lewerken
(1999) p.
25.794
Radierung und Kupferstich von Theodor Langer als Jahresgabe
des Leipziger Kunstvereins für 1862 (Vgl.: Seeliger 2005, p. 146).
Der Karton zu diesem Bild ist in drei Teile zerschnitten, siehe
dazu die Auflistung von Kartons bei Lewerken (1999) p. 25.
795 Wintermann, C., nicht veröffentlichter Restaurierbericht
20.04.2007.
796 In einem Brief vom 17. August 1841 an Julius Thaeter beschreibt
Schnorr von Carolsfeld diese Vorrichtung genau und fügt auch
eine Skizze ein: vgl. Seeliger (1999) p. 95, Abb. 1.
Abb. 291: Skizze: Rollvorrichtung für Kartons; Ausschnitt aus
dem Brief von Julius Schnorr von Carolsfeld an Julius Thaeter
vom 17. August 1841; Bildquelle: Seeliger (1999) p. 95.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306