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242 position vorgegangen wurde und in vielen Fällen die
Figuren beschnitten wurden. (Abb.
372)Zugleich
wurden bei denselben Kartons die vier Ecken
durch den Zierrand in das Bild einbezogen, obwohl im
Karton in diesen Teilen die Komposition nur angedeutet
wurde, weil für die entsprechenden Fresken an der Decke
ein Viereck mit stark abgeschrägten Ecken als Bildfeld
vorgesehen war und diese Bereiche in der Folge nicht
zur Ausführung gelangen sollten. Diese
Formatverände-rungen
erklären sich dadurch, dass auf die Maße der
Decke im Palais Questenberg-Kaunitz, an der die Kartons
montiert werden sollten, Rücksicht genommen werden
musste. (Abb.
373)Beim
Karton Die gekrönte Austria veränderte Kupelwieser
im Nachhinein die Gestaltung der Eckbereiche, indem
er zwei Ecken mit entsprechend großen Dreiecken aus
demselben Papier, das er auch für den Karton selbst
ver-wendet
hatte, überklebte und danach in allen vier Ecken
mit Bronze- bzw. Ockerfarbe Dreiecke anlegte, welche die
Kohlezeichnung teilweise überdecken. Diese Dreiecke
gestaltete er danach mit jeweils einem Doppeladler in
dunkelbrauner Farbe. (Abb. 374 –
376)Im
ausgeführten Fresko scheinen diese Eckverzierungen
nicht auf, es wurden stattdessen zwei Dreiecke an den
beiden Schmalseiten angesetzt und so das Bildformat zu
einem unregelmäßigen Achteck umgeformt. (Abb.
377)Die
in diesem Kapitel beschriebenen
Formatverände-rungen
an neun Kartons können wie folgt
zusammenge-fasst
werden: Fünf Kartons zu den Hauptgemälden der
Decke und vier Kartons zu Herrscherporträts wurden im
Nachhinein weiter bearbeitet, um sie der zukünftigen
Präsentations-Situation an der Decke eines Raumes im
Palais Questenberg-Kaunitz anzupassen. Wie eine Skizze
vom Dezember 1942 zeigt, entsprach die
Zusammenstel-lung
der Kartons hier in keiner Weise der Aufteilung der
Fresken im Marmorsaal der Niederösterreichischen
Statthalterei. Um eine derartige neue Gestaltung zu
ermöglichen, mussten die Formate der einzelnen
Kar-tons
geändert werden. Einerseits wurden dazu weitere
Papierbögen oder ganze Kartonteile an die bereits
gezeichneten Kartons angesetzt, andererseits wurden
durch eine bräunliche Eintönung des Papiers und
aufge-malte,
dreifärbige Zierränder Bereiche der Kartons
defi-niert
und hervorgehoben, die vom ursprünglichen
For-mat
der Komposition abweichen. Dass diese Änderungen
nicht schon zu Beginn konzipiert waren, lässt sich daran
erkennen, dass sich die Kohlzeichnung oft über den
hellbraun eingetönten Bereich hinaus in unveränderter
Präzision und Detailgenauigkeit fortsetzt, während
andere Teile der Zeichnung durch die Zierränder inte-
Auf dem Karton Leopold I. stürmt Melk geht der
drei-färbige
Zierrand auch teilweise über das Papier hinaus
und liegt direkt auf der mit Klebstoff eingestrichenen
Leinwand. Der dreifärbige Rand wurde folglich nach der
Ausführung der Zeichnung und der Kaschierung des
Papiers auf Leinwand aufgemalt.
Durch das Eintönen des Papiers und das Aufbringen
des Zierrandes wurde in allen Fällen der ursprüngliche
Bildausschnitt der Zeichnung selbst verändert. Die vier
historischen Szenen der Decke wurden dabei in der Höhe
und Breite reduziert, wobei ohne Rücksicht auf die Kom-
Abb. 372: Detail aus dem Karton „Die Gründung der Universität Wien“;
Verkleinerung des ursprünglichen Formats; abgeschnittene Darstellung;
Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 765.
Abb. 373: Detail aus dem Karton „Leopold I. stürmt Melk“;
die nur skizzenhaft angelegte Zeichnung im Bereich der beiden
unteren Ecken wird durch den Zierrand in das Bildfeld mit
einbezogen; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 770.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306