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sie sind an fast allen Rändern stark beschnitten, wobei
mit einem scharfen Messer oder einer Rasierklinge
gear-beitet
wurde und nicht mit einer Schere, was jene Schnitte
im Papier zeigen, die auf ein Abgleiten mit der Klinge
zurückzuführen sind.
Die verloren geglaubten Kartons wurden laut einem
Schreiben vom 1. Dezember 1942 von August Hoffmann
doch dem Institut für Denkmalpflege übergeben.
„An das Reichsbauamt Wien – Innere Stadt II
In Beantwortung der oberwähnten Zuschrift teile ich mit,
dass inzwischen Dekorationsmaler Aug. Hofmann den größ
ten Teil der in Frage stehenden Zeichnungen von Kupelwieser
dem Inst. F. D. [Institut für Denkmalpflege, Anm.] zur Ver
wahrung ausgefolgt hat. Über die künftige Verwendung der
Fresken Zeichnungen in einem öffentlichen Gebäude will ich
dem Generalreferat f. Kunstförderung entsprechende Vor
schläge machen. Ich werde deshalb zum gegebenen Zeitpunkt
auf die Angelegenheit noch
zurückkommen.“862Das
Übernahmeprotokoll ist allerdings erst mit dem
23. Dezember 1942 datiert und enthält eine Skizze der
ehemaligen Anordnung der Kartons an der Decke im
Palais Questenberg-Kaunitz. Zu diesem Zeitpunkt waren
die dreieckigen Kartons bereits von den trapezförmigen
Kartons mit den Herrscherporträts abgetrennt, da sie
gesondert als „4 Zwickel (Ornament)“ angeführt werden.
Die Kartons einschließlich der vier dreieckigen
Zwickel-kartons
wurden mit den Zahlen 1 – 13 durchnummeriert:
„7 Huldigung a.d. Habsburger (gr. Rolle) 2,3,4,5,6,7,8,9
und 4 Zwickel (Ornament) ohne No in einer Rolle. Von
Dekorationsmaler Hofmann 13 Stück Kartons übernommen
(komplette
Decke)Wien,
23. XII. 42, E.
Bergthold“An
das Generalreferat für Kunstförderung ergingen
sei-tens
des Denkmalamtes auch Vorschläge für die weitere
Präsentation der Kartons:
„An das Generalreferat für
Kunstförderung[…]Anlässlich
der Instandsetzungsarbeiten am Palais Wien, I.
Johannesgasse 5 (ehem. Palais Questenberg, heute Haupt
versorgungsamt) wurden von der Decke eines Raumes Zeich
nungen entfernt, die, wie sich nachträglich herausstellte, auf
den barocken Maler Kupelwieser zurückgehen dürften. Sie
stellen Szenen aus der Geschichte der Ostmark (wie den Zug
Odoaker’s, die Erstürmung von Akkon863, die Stiftung des
Diese Aussage ist in mehrerer Hinsicht aufschlussreich.
Zum einen widerlegt sie die Angabe im Akt des Museums
des Reichsgaus Niederdonau, die Kartons seinen auf
Anordnung des Bundesdenkmalamtes abgenommen
wor-den,
um sie vor dem Einfluss rußender Öfen zu schützen.
Im Gegenteil: Die Abnahme der Kartons erfolgte auf
Wunsch des Hauptversorgungsamtes bei der Adaptierung
des Gebäudes, und das Bundesdenkmalamt hatte zu
die-sem
Zeitpunkt kein Interesse an den
Kartons.Zum
anderen zeigt der Bericht, dass die Abnahme vor
Ort nicht von Fachkräften erfolgte, sondern von einem
Dekorationsmaler und seinem Gehilfen, die zuvor
offen-bar
Reinigungsversuche angestellt hatten und danach die
Kartons aus den Rahmen an der Decke herausschnitten.
Die Kartons selbst weisen Spuren dieser Abnahme auf;
Abb. 379: Skizze der Decke, Zustand vor 1942; Bildquelle: Archiv des
Österreichischen Bundesdenkmalamtes, Katastral-Akte Johannesgasse 5.
862 Archiv des Bundesdenkmalamtes Wien, Katastralakte zum Palais
Questenberg-Kaunitz, Wien I Johannesgasse 5; Zl:
435/K/42.863
Fälschlich so; gemeint ist Leopold I. stürmt Melk.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306