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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Page - 283 -
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Page - 283 - in Das zusammengedrängte Gedenken

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283 deshalb eine unreine, mit vielen groben Theilchen gemengte Masse, welche in ungebleichtem Zustande eine gelblich­ graue Farbe zeigt und nur zu Packpapier taugt.“1030Besonders für roh verarbeiteten Hanf sind die lignifizier-ten Schäben (nichtfasrige Zellen aus dem Pflanzenkör-per) charakteristisch.1031 In John Krills Publikation über englische Künstlerpapiere finden sich zwei mikroskopi-sche Aufnahmen von Faserproben eines Papiers aus dem späten 18. Jahrhundert, die sehr ähnliche verholzte Split-ter enthalten. Krill bezeichnet sie als „shive“ (Splitter), die aus dem Stängelmaterial von Hanf bzw. Flachs stam-men.1032 Die lignifizierten Splitter könnten allerdings auch aus dem Zusatz von Stroh zum Halbzeug stammen. Bereits im 18. Jahrhundert wurde in zahlreichen Experi-menten – etwa von Jacob Christian Schäffer – versucht, die immer knapper werdenden Hadern in der Papierher-stellung durch Stroh zu ersetzen. Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert gelang es jedoch, das Fasermaterial durch entsprechende Verfahren so aufzuschließen, dass Papiere in befriedigender Qualität geschöpft werden konnten. Prechtl erwähnt in seiner Enzyklopädie, dass die Ver suche, Papier aus Stroh herzustellen, 80 Jahre alt seien, und gibt eine Beschreibung der Eigenschaften von Stroh papier: „Die reifen Stengel der Getreide­ Arten bestehen aus parallel liegenden Fasern, welche durch eine Alkalien auflösliche wachs­ oder harzähnliche Substanz miteinander verbunden sind. Nach der Entfernung des Bindemittels erscheinen die Fasern weich und biegsam […]. Doch unterscheiden sich Strohpapier und Papier aus Lumpen in ihrer Textur und sonstigen Beschaffenheit wesentlich voneinander. In dem zur Papierbildung erforderlichen Grade zerkleinert (gemahlen) sind nämlich (wie man unter dem Vergrößerungsglase erkennt) die Strohfasern dünn, kurz und glatt, dagegen die Leinenfasern lang, dick und flockig; und Leinen gibt ein wei­ ches, nicht leicht brechendes, wenig Festigkeit und wenig Klang besitzendes im Risse fasriges Papier, während Stroh­ papier (ungerechnet seine starke, selbst einer kräftigen Blei­ che nicht völlig weichenden Farbe) die Eigenthümlichkeit zeigt, dass es zwar stark, beim Drücken fest, klingend ist; aber leichter bricht, und an gerissenen Rändern nicht fasrig erscheint.“1033Es folgt ein Hinweis auf eine Arbeit von Piette1034, in der das Verfahren zur Herstellung von Strohpapier beschrie-ben wird. Nach der Reinigung des Getreidestrohs – am besten geeignet erschien Weizenstroh – werden die Halme auf der Häcksellade in Stückchen von 2 – 3 Linien Länge zerschnitten, die Fegen auf einer Getreide-Fege-maschine von den Gliedknoten abgesondert und das Stroh durch Kochen in Wasser aufgeweicht. In der Papier-mühle wird das so erhaltene Fasermaterial gleich Lumpen zu sogenanntem Halbzeug verarbeitet und danach ein oder mehrere Male in einer Lauge von Pottasche und fri-schem gebrannten Kalk gekocht. Auch wird darauf hingewiesen, dass eine Mischung aus Stroh- und Hadernfasern eine gute Papierqualität ergibt: „Nach Piett’s Erfahrungen ist die Bereitung des Papiers aus Mengungen von Stroh und Lumpen (wozu man beide Arten Halbzeug zusammengibt und gemeinschaftlich zu Ganzzeug mahlt) in so fern sehr vorteilhaft, als die guten Eigenschaf­ ten des Strohpapiers (Härte und Festigkeit) mit dem Haupt­ vorzuge des Lumpenpapiers (geringe Brüchigkeit beim Zusammenfalten) in dem Produkte vereinigt zum Vorscheine kommen. Nach Verschiedenheit der Strohgattungen und der Lumpen können letztere von der Hälfte bis zum Doppelten der Menge des Strohs betragen. Das Stroh­ Halbzeuge wird dem Lumpen­ Halbzeug erst dann zugesetzt, wenn letzteres bereits in einem gewissen (nach den Umständen einzurich­ tenden) Grade feingemahlen ist, weil die Fäserchen des Strohs zu sehr zerkleinert würden, wenn sie die ganze Zeit, welche die Vollendung des Ganzzeuges aus Lumpen erfordert, mit durchmachen müssten.“1035Im Bericht über das österreichische Fabriks- und Gewerbswesen von 1829/30 werden zwei Verfahren zum Aufschluss von Stroh beschrieben. Anton Estler aus Wien erhielt 1815 und 1817 ein Privileg für ein Verfahren, in dem das Stroh erst in einer Beize mit Ätzlauge (aus Was-ser, Pottasche und ungelöschtem Kalk) behandelt, danach gestampft und schließlich mit flüssigem Chlor gebleicht wird. Bei dem Lambert’schen Verfahren wird das Stroh zwischen Ätze und Bleiche noch mit Schwefelleber behandelt, um Schleim und Kieselerde zu entfernen. 1821 erhielt Georg Origone aus Genua und 1827 Angelo Osio aus Mailand ein Privileg, Papier aus einer Mischung von Stroh, Hadern, Werg und alten Stricken herzustellen. Paul Bellotti aus Mailand meldete 1824 ein Privileg zur Erzeu-gung von Papier aus Hadern, Stroh und Leinen- bzw. Hanfpflanzen an, die er mit entkohlter Lauge, einem ätzenden wasserlöslichen Teig und flüssigem oxygene-rierten alkalischen Salz aufbereitete.1036 1828 wurde die Herstellung von gebleichtem Stroh-stoff durch die Papiertechniker-Brüder Louis und Prosper Piette sen. in der Papierfabrik Beckingen (Dillingen, damalige Rheinprovinz) entwickelt. 1830 wurde zum ers- 1030 Ebd. p. 423.1031 Klemm (1923) p. 256f.1032 Krill (2001) p. 7.1033 Prechtl (1830 – 1865) 10. Bd. (1840) p. 419.1034 Piette (1838). 1035 Prechtl (1830 – 1865) 10. Bd. (1840) p. 422.1036 Keeß; Blumenbach (1829 – 1830) 1. Bd., p. 616.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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