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2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen :
Alpine Reisende
In diesem Kapitel wird die Grundlage für die Beantwortung der Leitfrage, in-
wiefern die aufkommenden Alpenreisen der europäischen Monarchinnen und
Monarchen gesamtgesellschaftliche Veränderungen von kulturellen Präferenzen
und Lebensstilen reflektierten, geschaffen. Der gesellschaftliche Wandel bezieht
sich dabei auf die touristisch-alpine Entwicklung, deren Historie im Folgenden
dargelegt werden soll. Zugleich wird so auch die untergeordnete Fragestellung
nach dem Hintergrund, vor dem sich die Konjunktur königlicher Alpenreisen
ereignete, beleuchtet.
Die Geschichte der touristischen Erschließung der Alpen birgt viele Antago-
nismen in sich. Als conditio sine qua non für den alpinen Tourismus wurde in der
wissenschaftlichen Literatur zur Alpenforschung lange der Perspektivenwandel
der Berge von »erlittener Welt« zu »geliebter Welt«1, von »mountain gloom« zu
»mountain glory«2 von »schrecklichen Bergen« zu »erhabenen Bergen«3 ange-
führt.
Über den Zeitpunkt der Pionierleistung bergsteigerischer Tätigkeit und den
wahren Urvater des Alpinismus herrscht Uneinigkeit. Einig sind sich die ent-
sprechenden Historiker lediglich im Geschlecht : Für die einen ist es der italie-
nische Humanist und Dichter Francesco Petrarca, der 1336 den Mont Ventoux
in Südfrankreich bestieg4, für die anderen gilt das Erklimmen des damals als
unbesteigbar5 geltenden und 2090 Meter hohen Gipfels des Mont Aiguille 1492
durch Antoine de Ville6, im Auftrage des französischen Königs Charles VIII.,
als alpinistische Premiere und authentischer Beginn des Bergsteigens. Bei dem
Mont Aiguille handelte es sich um den einzigen Gipfel der Alpen, der am Ende
des Mittelalters über einen weit bekannten Namen verfügte.7 Allerdings zog
1 »monde aimé« Tissot, Laurent, »From Alpine Tourism to the ›Alpinization‹ of Tourism«, S.
59.
2 Nicolson, Marjorie Hope, Mountain Gloom and Mountain Glory : The Development of the Aesthetics
of the Infinite, Seattle ; London : University of Washington Press, 1997.
3 »monts affreux« – »monts sublimes« Boyer, Marc, Histoire générale du tourisme du XVIe au XXIe
siècle, S. 157.
4 Bernard, Paul P., Rush to the Alps. The Evolution of Vacationing in Switzerland, S. 5.
5 Mons inaccessibilis.
6 Berater und Kammerherr von Charles VIII.
7 Die meisten alpinen Berggipfel wurden, zumindest über den Rahmen lokaler Bezeichnungen hin-
aus, erst während des späten 18. Jahrhunderts und der systematischen Nomenklatur des 19. Jahr-
hunderts benannt. Mathieu, Jon, Die Alpen. Raum – Kultur – Geschichte, S. 29.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289