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und Kleidung |
5.5 Betätigungen und Kleidung
Allen Monarchen und Monarchinnen gemein war die körperliche Betätigung
in den Bergen und damit verbundenes Bewundern des Alpenpanoramas, aller-
dings in variierender Ausprägung, von Victorias kurzen Spaziergängen bis hin
zu mehrtägigen Wanderungen und Bergbesteigungen ihres Ehemannes Albert,
ihres Sohnes Albert Edward sowie der italienischen Königin Margherita. Den
schicklichen Beschäftigungen einer Dame geschuldet, verbrachten sowohl Vic-
toria als auch Margherita ihre Zeit auch mit dem Pflücken von Blumen, mit
Malen und Lesen, während Elena dem technologischen Fortschritt gemäß zum
Fotografieren überging. Obschon sich während des Verlaufs des 19. Jahrhun-
derts immer mehr Frauen, sei es als Touristinnen oder Alpinistinnen, in die Al-
pen wagten und somit in Konkurrenz zu den etablierten Rollenbildern traten,
lässt sich hinsichtlich der hier untersuchten Frauen kein feministisches Motiv
unterstellen. Der Reisebericht über oder eventuell auch von Caroline weist jede
begüterte Frau dazu an, sich selbst auf ausgedehnte Reisen zu begeben. Caro-
line selbst inszeniert sich jedoch vor dem Hintergrund des Anklageprozesses als
betrogene Königin, die sich fern ihrer Heimat stets unglücklich fühlte. Victoria
kritisierte in ihrem Tagebuch hingegen die ihr auf der Rigi begegnete Gattung
der ihr höchst suspekten »fast young lady«. Das ein Jahr nach ihrer Schweizreise
herausgegebene The Slang Dictionary definierte den Begriff wie folgt : »In polite
society a fast young lady is one who affects mannish habits, or makes herself
conspicuous by some unfeminine accomplishment, – talks Slang, drives about
in London, smokes cigarettes, is knowing in dogs, horses, &c.«6 Welches Ver-
halten die anwesenden Damen nun in Victorias Augen zu Angehörigen dieser
despektierlich betitelten Ladys werden ließ, ist unklar. Womöglich reichte die
Abwesenheit eines Hofstaates oder männlicher Begleitpersonen aus.
Margherita wiederum unternahm im Vergleich zu ihren weiblichen Unterta-
nen zu jener Zeit ungewöhnlich lange Bergtouren, wobei sie jedoch fast immer
von einigen ihrer Hofdamen begleitet wurde. Trotz ihrer anderweitigen Bemü-
hungen etwa hinsichtlich der Bildung von Mädchen7 muss ihr jegliches Verlan-
gen nach emanzipatorischem Bestreben abgesprochen werden, beachtet man die
Aussagen, welche sie in einem Brief an Minghetti im Zusammenhang mit der
Schweizreise ihres Sohnes 1885 tätigte : »Wisse, dass ich selbst sehr gerne ein
Mann wäre, aber ich bin von der Unterlegenheit der Frau überzeugt, trotz aller
6 Hotten, John Camden, The Slang Dictionary, S. 131.
7 Brice, Catherine, Monarchie et identité nationale en Italie (1861–1900), S. 288.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289