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Kupfercluster 223
Betrachtet man nun polyikosaedrische Strukturen (n = 26–40 Atome), so stellt man kein
konstantes systematisches Verhalten fest. Der kleinste bei beiden Temperaturen unter-
suchte Cluster Cu26− sowie der folgende Cu38− zeigen eine deutlich größere Zunahme
der mittleren Atomabstände als vom Festkörperverhalten zu vermuten, im Bereich um
39 Atome schwanken die Werte dazu hin noch. Die Beugungsdaten der Reihe Cu38–40−
wurden jeweils direkt hintereinander folgend aufgezeichnet. Dabei war das Experiment
bereits zuvor 24h (T = 95K) bzw. 72h (530K) unter den Messtemperaturen betrieben
worden. Es ist deshalb davon auszugehen, dass ein einheitlicher steady state Zustand
der Gerätgeometrien erreicht wurde und eine höhere als die oben abgeschätzt Ver-
gleichbarkeit der bestimmten Volumenausdehnung gilt.
Eine in bisherigen Überlegungen vernachlässigte Eigenschaft der Clusterionen ist ihr
Ladungszustand bzw. ihre elektronische Struktur. Die Verwendung eines sphärischen
Jellium-Modells305, das eine Beschreibung von stark delokalisierten Elektronen inner-
halb eines dreidimensionalen Potenzials verwendet, sagt bei 40 Elektronen einen Scha-
lenabschluss mit besonderer Stabilität voraus. Der Cluster Cu38− entspräche in diesem
Bild einer unvollständigen 2p-Konfiguration, die darauf folgenden Cluster komplettie-
ren die elektronische Struktur. Die höchste elektronische Stabilität würde für Cu39− re-
sultieren. In der Tat zeigen Photoelektronenspektren von Kostko et al.238 einen großen
HOMO-LUMO-Abstand (~0,5eV) für Cu40–. Ebenso erscheint das Spektrum von Cu39–
klar strukturiert (vier deutlich abgetrennte Maxima im Valenzbereich), wohingegen das
des Clusters Cu38– nur sehr unklar zu charakterisierende Übergänge aufweist.
Bei den Nanopartikeln der Größen n = 39, 40 und der Temperatur T = 530K verbleiben
die Strukturen deutlich kompakter als eine Extrapolation von Cu26− über Cu38− oder der
Vergleich mit dem Festkörperverhalten erwarten ließe. Da das gefundene, Natrium-
clustern312 gleichende Strukturmotiv für alle drei Kupfercluster identisch bleibt, ist die
elektronische Struktur der Clusterionen demnach vermutlich stärker an den thermischen
Ausdehnungseigenschaften beteiligt als geometrische Packungseffekte. Ein Hinweis für
diese These kann im Rahmen eines klassischen Tröpfchenmodells gefunden werden,
das eine Selbstkompression der Clusterstruktur mit einhergehender Vergrößerung der
elastischen Steifigkeit201 und einer davon beeinflussten temperaturabhängigen Volu-
menausdehnung326 vorhersagt. Die sich hieraus ergebenden thermisch angeregten
Schwingungszustände und anharmonischen Beiträge dürften sich stark unterscheiden.
Im Rahmen des stabilisierten Jellium-Modells327 wird eine Abhängigkeit zur Gesamt-
elektronenzahl vorausgesagt, und diese führt für 40 Elektronen zu einer relativ kompri-
mierten Struktur.328,329 Die weiteren Cluster Cu19– und Cu26– entsprächen im Bild der
elektronisch bedingten Selbstkompression einem lokalen Minimum bzw. Maximum.
Die in Kapitel 5.6 bestimmten mittleren Bindungslängen der (kalten) Clusterionen (sie-
he Abbildung 149, Seite 201) entsprechen ebenso diesen Vorhersagen. Es ist deshalb
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Aufklärung der Struktur von Metallclusterionen in der Gasphase mittels Elektronenbeugung
- Titel
- Aufklärung der Struktur von Metallclusterionen in der Gasphase mittels Elektronenbeugung
- Autor
- Thomas Rapps
- Verlag
- KIT Scientific Publishing
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86644-878-0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Elektronenbeugung, Nano-Metallcluster, Gasphase, massenselektiv, Strukturbestimmung
- Kategorien
- Naturwissenschaften Chemie
Inhaltsverzeichnis
- Abstract
- 1 Einleitung 1
- 2 Elektronenbeugung in der Gasphase (GED) 5
- 3 Das TIED-Experiment 15
- 4 Heuristik der Clusterstrukturfindung 35
- 5 Strukturen von Metallclusterionen 45
- 5.1 Kleine Käfigstrukturen magnetisch dotierter Goldcluster (M@Aun−, M = Fe, Co, Ni; n = 12–15) 45
- 5.2 Ladungsabhängige Strukturunterschiede von kleinen Bismutclustern 68
- 5.3 Palladiumcluster (Pdn−/+, 13 ≤ n ≤ 147) 91
- 5.4 Wasserstoffadsorptionseigenschaften von massenselektierten Palladiumclustern 128
- 5.5 3d-/4d-/5d-Übergangsmetallcluster aus 55 Atomen 152
- 5.6 Strukturelle Entwicklung später Übergangsmetallcluster (Co, Ni, Cu, Ag) 184
- 6 Der Temperatureinfluss auf die Gleichgewichtsstruktur von Metallclusterionen 205
- 7 Statistische Untersuchungen zur Datenanalyse 259
- 8 Zusammenfassung und Ausblick 273
- Anhang A: Beugungsdaten weiterer Metallclusterionen 279
- A.1 Entwicklung der Clusterstruktur verschiedener Elemente der Gruppe 14 (Si, Sn, Pb) 279
- A.2 Schmelzen des Clusters Pb55− 283
- A.3 Der Zinncluster Sn13+ 379 286
- A.4 Strukturmotiv von Clustern des bcc-Elements Tantal 288
- A.5 Thermisch induzierte Oberflächenrekonstruktion beinahe geschlossenschaliger Silbercluster (Ag55±x−, x = 1–2) 290
- A.6 Möglicher Strukturübergang bei Silberclusterionen (Agn−, n = 80–98) 295
- A.7 Reine Goldcluster größer 20 Atome 296
- Anhang B: Apparative Entwicklung 305
- Anhang C: Einfluss der Fallengeometrie auf große Streuwinkel 311
- Anhang D: CNA-Analyse des zehnatomigen Strukturensembles 313
- Anhang A: Beugungsdaten weiterer Metallclusterionen 279
- Abbildungsverzeichnis 321
- Tabellenverzeichnis 331
- Literaturverzeichnis 333