Seite - 49 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
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Überblick 49
Überlieferung
Datierung
Sprache und Stil
Metellus von
Tegernsee
seinen kultischen und literarischen Bestrebungen, der Translation und der Abfas-
sung einer Vita, beabsichtigte Arbeo, den Heiligen und seinen Kult in Freising zu
etablieren, was ihm auch ansatzweise gelang (vgl. Vogel 2000, 6–27).
Die Fassung A der Vita Corbiniani ist lediglich in zwei Manuskripten des 9.
Jhs.
erhalten, einer Hs. aus Regensburg (heute London, British Museum, add. 11880)
und einer Hs. aus Reichenau (heute Karlsruhe, Landesbibliothek, cod. Aug. XXXII).
Fassung B, die am Übergang vom 9. zum 10. Jh. entstand, erfuhr hingegen eine
ausgedehntere Verbreitung, was die 31 erhaltenen Hs. bezeugen.29
Welche der beiden Viten, die zu den ältesten Quellen der Geschichte Bayerns
zählen, zuerst geschrieben wurde, ist ungewiss. Gegen den Herausgeber Krusch
1920 und die heute wieder vorherrschende Annahme (dazu Vogel 2000, 180–
182, 244–257) spricht sich u.a. Löwe 1951, 916, für eine Entstehung der Vita
Haimhrammi vor jener des Corbinian aus. Berschin 1991, 77–78, der die beiden
Viten als literarische Einheit charakterisiert, stellt diesen Überlegungen eine andere
Frage voran, nämlich in welcher Reihenfolge Arbeo seine Biographien geordnet
und gelesen haben wollte, und führt dazu u.a. das Argument der hagiographischen
Hierarchie ins Feld, nach welchem die Vita Haimhrammi literaturgeschichtliche
Priorität hätte. Die beiden Viten müssen jedenfalls zwischen 764 und 783 – die
Vita Corbiniani wohl bald nach der Übertragung der Gebeine Corbinians nach
Freising – verfasst worden sein,30 da Arbeo in beiden Werken als Bischof aufscheint.
Arbeos „postmerowingisches“ (Berschin 1991, 90) Lat.31 bietet keine Überraschun-
gen, es entspricht dem Standard seiner Epoche : Es handelt sich um die Jahrzehnte
vor der karolingischen Renaissance, die eine Läuterung und Normierung der lat.
Sprache anstreben wird ; Arbeos Lat. zeigt vulgärlateinische bzw. romanische Züge,
womit es wohl dem im Alpenraum gesprochenen romanisierten Vulgärlatein nahe
steht. Darüber hinaus lassen sich verschiedene andere Einflüsse herausfiltern : Merk-
male des oberitalienischen, langobardisch geprägten Lat., der spätantiken Rhetorik,
Einflüsse durch die Bibel und das Lat. Gregors des Großen, vielleicht auch durch den
Iren Virgil. Der Regellosigkeit seiner Sprache, die durchaus auch auf mangelhafte La-
teinkenntnisse zurückzuführen ist (vgl. Löfstedt 2000, 241), steht ein Bemühen um
einen gehobenen Stil, um eine sprachliche und rhetorische Aufwertung gegenüber,
wie sich an der Verwendung zahlreicher Stilmittel erkennen lässt.
Enge Beziehungen zwischen den Klöstern St. Georgenberg und Tegernsee be-
zeugt Metellus (wohl ein Pseudonym) von Tegernsee. In seinem Werk Quirinalia
29 Eine von Roschmann besorgte Abschrift befindet sich im TLMF (Dip. 1110/1).
30 Laut Vogel 2000, 257 die Corbiniansvita nach 756/68, aber vor 772, die Emmeramsvita vor 772.
31 Zu Arbeos Latinität s. v.a. Löfstedt 2000 ; eine schematische sprachliche Untersuchung vor der Folie
des klassischen Lat. liefert Skiles 1938.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593