Seite - 85 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
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Dichtung 85
Nordtirol :
Sigmund und
Maximilian
Codex Fuchsmagen
Beginn entsprechen sich. Zudem erscheint der Autor der ersten Sammlung in der
zweiten als Adressat. Schließlich wurden die beiden Codices an ähnlicher Stelle in
die BCT integriert und teilten dort, wie ihr Zustand zeigt, ein nicht allzu freund-
liches Schicksal. Der einzige wichtige Unterschied besteht darin, dass es sich im
einen Fall um eine Sammlung von Entwürfen, im anderen um eine solche von
Reinschriften handelt. Für eine Gesamtdarstellung des Trientner Humanismus zu
Beginn des 16. Jhs. – ein echtes Desiderat – wären beide Hs. wichtige Quellen.
In Nordtirol wurde seit den letzten Jahren der Herrschaft Sigmunds (reg. 1439–
1490) kontinuierlich nlat. Poesie produziert. Dabei gelangten Dichter auf zwei We-
gen nach Tirol bzw. dazu, sich mit Tirol zu beschäftigen : Unter Sigmund kamen sie
direkt aus Italien an den Innsbrucker Hof. Danach war es eher der lose Kreis von
Dichtern um Maximilian mit geographischem Schwerpunkt in Wien (vgl. Müller
1982 ; Füssel 1987), aus dem einzelne Mitglieder dem Kaiser für längere oder kür-
zere Zeit nach Innsbruck folgten. Eine wichtige Hs. und zwei gedruckte Gedicht-
sammlungen zeugen von diesen Entwicklungen.
Eine der bedeutendsten Sammlungen nlat. Gelegenheitsdichtung nördlich der
Alpen ist der Codex Fuchsmagen,12 den der aus Hall gebürtige kaiserliche Rat Johan-
nes Fuchsmagen (ca. 1450–1510 ; NDB 5, 684) in den ersten Jahren des 16. Jhs.
aus an ihn sowie andere Beamte und Dichter adressierten Gedichten zusammen-
stellen ließ. Obwohl die Hs. in Innsbruck liegt (ULBT, Cod. 664), handelt es sich
bei der umfangreichen Sammlung als Ganzes nicht um eine Tirolensie : Die meisten
der fast 200 Gedichte sind im Umfeld des Kaiserhofes in Wien und der dortigen So-
dalitas Danubiana zu situieren, und ihre Vereinigung in einem Band fand ebenfalls
in Wien statt.13 Rund dreißig Gedichte, die wohl großteils aus Fuchsmagens früher
Innsbrucker Zeit stammen, weisen jedoch wahrscheinlich oder sicher einen Bezug
zu Tirol auf, sei es über Erzherzog Sigmund als Adressaten, sei es über die Person
ihres Autors, sei es in anderer Hinsicht. Im Folgenden werden nur diese Texte be-
sprochen, nicht aber die Sammlung als solche. Anschließend kommen noch einige
Gedichte mit Tirolbezug aus einem von anderer Hand geschriebenen Anhang zur
Sprache, den man Appendix Fuchsmagen nennen könnte. Auf die Gefahr hin, die
Beiträge der einzelnen Autoren zu zerreißen und kleine Zyklen zu zerstören, werden
die Gedichte thematisch zusammengefasst.
12 Vgl. die Teiledition bei Zingerle 1880 mit ausführlicher Einleitung. Meine Gedichtzählung folgt
der Zingerles ; bei von ihm nicht berücksichtigten Beispielen wird angegeben, nach welchem Zin-
gerle-Gedicht sie stehen ; die Texte der Appendix Fuchsmagen (s.u.) werden mit römischen Zahlen
nummeriert. Vgl. Nocker 1996 ; Brazzano 2005, 383.
13 Terminus post quem für die Entstehung der Sammlung ist der Tod Papst Alexanders VI. im Jahr
1503 (vgl. carm. 49 [Bl. 125rv]). Zu diesem Zeitpunkt war Fuchsmagen schon lange in Wien ansäs-
sig.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593