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126 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians
I. (1519)
Sprache und
Inhalt
Streit mit dem
Bischof von Trient
Streit im
Domkapitel schränken, auf welche zu Beginn eines jeden neuen Ereignisses mit der stereotypen
Formel eodem anno verwiesen wird. Passender erscheint der etwas neutralere Titel,
den eine frühere Hand (aus dem 15. Jh., jedoch nicht jene des Bischofs) gewählt
und dem Werk vorangestellt hat : Acta per reverendissimum dominum Udalricum
Brixinensem ac fundatorem capelle trium regum propria manu conscripta de anno ad
annum ut sequitur („Die Aufzeichnungen des hochehrwürdigen Herrn Ulrich, Bi-
schof von Brixen und Stifter der Drei-Königs-Kapelle, von ihm mit eigener Hand,
wie folgt, von Jahr zu Jahr niedergeschrieben“).
Sprache und Stil des Berichts wirken etwas dürftig und zeigen sich noch un-
berührt von den klassizistischen Tendenzen des anbrechenden Humanismus.6 Be-
merkenswert ist, dass der Bischof nicht davor zurückscheut, hin und wieder mut-
tersprachliche Ausdrücke einzustreuen. Inhaltlich orientiert er sich weitgehend an
seinen kirchlichen Tätigkeiten. So erwähnt er in formelhafter Knappheit von ihm
durchgeführte Kirch- und Priesterweihen, Firmungen und Entsühnungen von Kir-
chen, die Schauplatz von Freveltaten gewesen waren. Breiten Raum erhalten auch
Schilderungen der zahlreichen Rechtsstreitigkeiten, in die sich der Bischof verwi-
ckeln ließ, und Berichte über die rege Bautätigkeit, die er entfaltete.
An zwei Stellen jedoch verzichtet der Autor auf das Staccato des Chronisten und
wird ausführlicher. Bei der ersten dieser Erzählungen handelt es sich um die Schil-
derung des bald nach der Bischofswahl beginnenden und fast drei Jahre währenden
Streites mit Bischof Alexander von Trient (287–288). In dem unter der Schirmherr-
schaft des Bischofs von Trient stehenden und für die Brixner Bischöfe deshalb noto-
risch problematischen Benediktinerinnenstift Sonnenburg stand nämlich die Wahl
der Äbtissin an, bei welcher Ulrich Putsch und Alexander ihre Ansprüche gleicher-
maßen geltend machen wollten. Putschs Beschreibung der turbulenten Ereignisse
gipfelt in der Darstellung der zweimaligen Befreiung von Barbara Rässnerin, der
von Alexander favorisierten Kandidatin, die von ihm selbst arrestiert worden war :
Während der Streit in Bozen verhandelt wird, schleichen sich die Gefolgsleute des
Bischofs von Trient nach Sonnenburg und befreien die Nonne, die verkleidet bis
Lengmoos am Ritten gelangt. Dort wird sie aufgegriffen und von Herzog Friedrichs
Hofmeister Konrad von Kreig in Gewahrsam genommen, der sie nach einem hal-
ben Jahr wieder nach Sonnenburg zurückschickt, von wo sie dann aber abermals
und endgültig entführt wird.
Noch ausführlicher wird Putsch bei der Schilderung der wohl dunkelsten Er-
eignisse während seines Episkopats. Im Jahr 1429 kam es nämlich zu einem Streit
mit den Mitgliedern des Domkapitels. Diesen gelang es, den Bischof sogar bei sei-
nem Freund und Gönner Herzog Friedrich anzuschwärzen. Mit seiner Einwilligung
6 Sinnacher 1821–1835, Bd. 6, 97 ; Nägele 1938, 322.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593