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186 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians
I. (1519)
Interesse daran in
Brixen denen Namen Gottes herangezogen. Der
wichtigste und allen anderen zugrunde lie-
gende Name ist das Tetragramm (JHWH,
für Jahweh). Dieses ist auch die Quelle der
zehn Sephiroth. In den Namen Gottes of-
fenbaren sich die göttlichen Kräfte.
Ein Detail aus der frühesten Rezep-
tionsgeschichte dieses Werkes weist ins
Jahr 1514 und nach Brixen zurück. Die
Portae lucis fanden nämlich schon in
hs. Form im Brixner Augustiner und
Domherren Sebastian Stamler (Santi-
faller 1924, 474–475) einen Leser oder
zumindest Vermittler. Zeugnis dafür ist
das autobiographische Chronicon des
Hebraisten und späteren Reformators
Konrad Pellikanus, der im Zuge einer
Visitationsreise 1514 in Brixen Station
gemacht hatte. Laut dem einschlägigen
Eintrag des Chronicon (Riggenbach 1877, 47) lernte Pellikanus hier Sebastian Stam-
ler kennen und erhielt von ihm Ricius’ Manuskript der Portae lucis für eine Abschrift.
Stamler taucht übrigens noch öfter im Umkreis von Ricius auf. Im folgenden Jahr
1515 widmet Ricius ihm die dritte Auflage der In cabalistarum seu allegorizantium
eruditionem isagogae („Einführung in die Bildung der Kabbalisten oder Allegoriker“ ;
Augsburg 1515, zuerst Pavia 1509) sowie eine Epistola defensoria contra obtrectatorem
Cabalae („Verteidigungsbrief gegen einen Schmäher der Kabbala“ ; Augsburg 1515).
In der Vorrede des 1518 erschienenen Tractatus singularis de epidimiae morbo von
Hieronymus Ricius wird Stamler als zweiter Widmungsträger neben dem Augsbur-
ger Humanisten Bernhard Adelmann von Adelmannsfelden erwähnt. Kabbalistisches
Schrifttum scheint damals in Brixen überhaupt beliebt gewesen zu sein. Gleich im
Anschluss an den erwähnten Eintrag im Chronicon berichtet Pellikanus nämlich, dass
er über Vermittlung eines anderen Brixner Kanonikers, Ambrosius (oder Hierony-
mus) Hippenhofer, ein offenbar seltenes Werk De mysteriis cabalisticis („Von den Ge-
heimnissen der Kabbala“) des spanischen Konvertiten Paulus de Heredia (1408–nach
1485) in die Hände bekommen habe. Es handelte sich dabei wohl um die Haccanae
epistola de secretis ad Haccanam filium („Brief des Hakkana über die Geheimnisse an
seinen Sohn Hakkana“ ; Rom, ca. 1485), in der im Stil der späteren christlichen Kab-
balisten der christliche Gehalt jüdischer Traditionen propagiert wird.
Abb. 27: Titelblatt der Portae lucis des Paulus
Ricius, Augsburg 1516.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593