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194 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians
I. (1519)
Nicolaus Pol
Syphilis Traktat Il consiglio contro la pestilenzia („Rat gegen die Pest“) unter dem Titel Trac-
tatus singularis de epidimiae morbo („Der vorzügliche Traktat über die epidemische
Krankheit“) ins Lat. übersetzte und 1518 in Augsburg drucken ließ.
Der erzherzogliche und später kaiserliche Leibarzt Nicolaus Pol (†
1532) war ein
Schützling Sigmunds (vgl. Fisch 1947 ; Bachmann 1946/49). Der Erzherzog nahm
den aus armen Verhältnissen stammenden Jungen bei sich auf und ermöglichte ihm,
wie Pol selbst bezeugt, Zugang zur Bildung. Im Jahr 1487 ist die erste Anstellung
Pols am Innsbrucker Hof seines Gönners belegt. In dieser Zeit bekleidete er den
Posten eines Destillierers, bereitete also alchemistische und medizinische Präparate
für den Landesfürsten zu. Er dürfte sich immer wieder aus Innsbruck entfernt ha-
ben, um sich dem Studium der Medizin zu widmen. 1494 scheint er das Doktorat
erworben zu haben, wie aus Eintragungen hervorgeht, die sich in allen Büchern aus
seiner Bibliothek finden : Nicolaus Pol doctor 1494. Ende 1495, nach der Abdikation
Sigmunds, wurde er von König Maximilian als Innsbrucker Hofarzt angestellt und
blieb in seinem und danach bis an sein Lebensende in Ferdinands Dienst. Pols
weitgefächerte geistige Interessen spiegeln sich in seiner reichen Bibliothek, deren
ursprünglicher Bestand auf 1300 Bände geschätzt wird (von denen heute noch ca.
450 Drucke und 35 Hs. bekannt sind). Sie beinhaltete auch eine wichtige Samm-
lung von Hs. mit den Werken des Philosophen und Mystikers Ramon Llull (heute
hauptsächlich in der Bibliothek des Stiftes Innichen).
Zum großen medizinischen Thema dieser Zeit wurde eine neue Seuche, die da-
mals mit verschiedenen Namen bezeichnet und später als Syphilis bekannt wurde.
In Frankreich nannte man sie „die italienische Krankheit“, im deutschen Sprach-
raum „die französische“, in Polen „die deutsche“, in Russland „die polnische“ usw.
Damals trat diese Geschlechtskrankheit, die vermutlich aus dem gerade bekannt
gewordenen Amerika in die Alte Welt eingeschleppt worden war, in einer viel viru-
lenteren und ansteckenderen Form als heute auf. Zu ihrem ersten großen Ausbruch
soll es bei der Belagerung von Neapel durch französische Truppen 1495 gekommen
sein. Als sich die an der Belagerung beteiligten Söldner anschließend in ihre Hei-
matländer zerstreuten, verbreitete sich die Syphilis rasant über ganz Europa. Die
Medizin begegnete der Krankheit zunächst mit Präparaten auf Quecksilberbasis,
die insgesamt vermutlich mehr schadeten als nützten. Im Jahre 1517 schickte der
Gurker Bischof und Diplomat in Maximilians Diensten Kardinal Matthäus Lang
(1468–1540) eine medizinische Kommission nach Spanien, um dort den Nutzen
einer neuen Behandlungsmethode zu untersuchen, die auf der Verwendung des in
Mittelamerika vorkommenden und bei den Indianern als Heilmittel für die Sy-
philis bekannten Guaiakholzes basierte. Kurz darauf wurden die Kuren mit dem
kostbaren Holz, für welches sich die Fugger ein Handelsmonopol gesichert hatten,
in ganz Europa sehr verbreitet.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593