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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Seite - 300 -
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300 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands  II. von Tirol (1595) erste Weihnachtsrede sowie an Gott bzw. Christus auszeichnet (z.B. Bl. 99v, 103v, 111v–112r).18 Diese Unterschiede entsprechen einer anders gearteten Wirkintention : Spielt in den Er- öffnungsreden die verstandesmäßige Überzeugung der Hörer eine wichtige Rolle, so geht es bei den per definitionem nicht rational fassbaren Mysterien der Mensch- werdung Gottes bzw. der Auferstehung vielmehr darum, das Publikum zu rühren, es emotional zu überwältigen und dadurch zu christlicher Demut hinzuführen. Dementsprechend tritt die argumentative Logik in den Hinter-, pathoserzeugende Elemente in den Vordergrund. Die rhetorische Praxis der Jesuiten ist hier der The- orie, in der das emotionale Element in der geistlichen Rhetorik erst im Laufe des 17. Jhs. stärker betont wird (Bauer 1986, 222–232 ; Eybl 1998, 722), einen Schritt voraus. Ein gutes Beispiel für diese Art von Rhetorik ist die zu Weihnachten 1584 gehal- tene Oratio in diem natalem servatoris nostri („Rede zum Geburtstag unseres Hei- lands“ ; Bl. 98r–104r). Nach dem Proömium, in dem der Redner behauptet, von der ungeheuren Bedeutung des Anlasses überfordert zu sein, sich aber aufgrund des Wohlwollens der Hörer, seiner Dankbarkeit Christus gegenüber und des Umstands, dass das Feiern von Geburtstagen eine alte Sitte ist, dennoch zum Weiterreden entschließt (Bl. 98r–99r), wird bis zum Schluss die Tatsache, dass Gott Mensch ge- worden ist, und das Unfassbare einer solchen Selbsterniedrigung variiert. Nur eine Widerlegung zahlreicher Sekten, welche die katholische Zweinaturenlehre nicht ak- zeptieren (Bl. 102r–103r), und eine schwach ausgeprägte peroratio mit der Aufforde- rung an die Hörer, Gott in ihren Herzen zu empfangen (Bl. 103v–104r), heben sich innerhalb dieser wenig strukturierten Textmasse noch als eigenständige Teile ab. Die Rede zielt stilistisch wie inhaltlich ganz auf die Rührung und Erschütterung der Hörer. Besonders klar zeigt sich diese Absicht bei dem immer wieder beschworenen Bild des hilflosen, weinenden Christusknäbleins, welches den Redner einmal vor Tränen kaum weitersprechen lässt (Bl. 100r) : In praesepio, stramine, stipulis dulciculus ille pusio aliorum parvulorum instar tenere vagit, eiulat, lachrimatur […]. Venit tanta caelestium bonorum possessione, tanta beatitate relicta ad hanc – vix lachrimae profari me patiuntur – omnium miseriarum plenissimam vallem. Pro, quis sat tantam divinitatis[?] submissionem, quis satis tantam Dei benignitatem admiretur et obstupescat ? In der Krippe, im Heu, im Stroh jammert, heult, weint dieses süße Baby mit zarter Stimme, genau wie andere Kleinkinder […]. Es hat die unermesslichen himmlischen Gü- ter, die es besitzt, hat seine unermessliche Glückseligkeit verlassen und ist in dieses – kaum 18 Vgl. hierzu etwa das Material bei Norden 1913, v.a. 143–176.
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
1
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
602
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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