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Naturwissenschaft 357
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Das Werk beginnt mit einem Widmungsbrief an Bernhard von Cles und einem Vor-
wort, in denen Rozonus seine Motive und seine Eignung, die Schrift zu verfassen, darlegt.
Den ersten Teil bildet eine Gegenüberstellung der Sintflutvorhersagen mit der Lehre des
Ptolemaios, dem Fundament der abendländischen Astrologie. Rozonus weist Widersprü-
che zwischen den beiden nach ; die Prophezeiungen entbehrten jeglicher Grundlage. Im
zweiten Teil stellt er die verschiedenen Meinungen der Astrologen zur bedrohlichen Kon-
stellation des Jahres 1524 dar und unterzieht sie einer strengen Prüfung. Rozonus sieht
als Auslöser der gesamten Diskussion richtigerweise die schon erwähnte Anmerkung in
den 1499 gedruckten Ephemeriden. Diese schreibt er nicht dem gelehrten Ephemeriden-
autor zu, dem ein solcher Fehler, wie er meint, unmöglich unterlaufen wäre, sondern
sieht sie als Interpolation des in Astrologie dilettierenden Buchdruckers. Neben anderen
Autoren kritisiert Rozonus Augustinus Niphus und Georg Tannstetter, die in den Titeln
ihrer Schriften zwar vorgäben, mit dem falschen Sintflutglauben aufräumen zu wollen,
letztendlich aber doch durch die Konjunktionen ausgelöste Überflutungen ankündigten.
Dieser zweite Teil der Schrift mündet in eine kurze Auseinandersetzung mit der Lehre
Pico della Mirandolas, des erwähnten Astrologiegegners. Diese wird auf ihre Übereinstim-
mung mit verschiedenen philosophischen und theologischen Lehrmeinungen hin unter-
sucht. Der dritte Teil der Schrift beginnt mit einer systematischen Kritik. Zu Beginn wer-
den Unzulänglichkeiten und Fehler der Astrologie dargestellt : Da sie auf fehleranfälligen
astronomischen Messungen basiere, hätten ihre Erkenntnisse keine solide Grundlage und
seien somit wertlos – ac si caecus caecum duceret (Bl. 26r ; „als ob ein Blinder einen ande-
ren Blinden führte“). Als nächstes werden gravierende Fehler des astrologischen Systems
an sich erläutert und kritisiert, anschließend aus den Widersprüchen zwischen den ver-
schiedenen Gelehrtenmeinungen zur Sintflut die Fruchtlosigkeit der Prognose insgesamt
abgeleitet. Rozonus widerlegt so in scholastischer Manier alle astrologischen Meinungen
zum Jahr 1524 und formuliert abschließend seine eigene : Es werde vermutlich durchaus
viel Regen geben, möglicherweise auch Überschwemmungen, aber nicht, weil die Sterne
das so bestimmten, sondern weil auf eine lange Trockenperiode, wie man sie damals ge-
rade erlebte, in der Regel reichliche Niederschläge folgen würden (tatsächlich war das Jahr
1524 zumindest in Italien sehr regenreich, vgl. Thorndike 1959, 231–232). Am Ende des
Compendium wendet sich Rozonus in einem kurzen Epilog wieder an den Bischof und
kündigt an, ihm demnächst einen tractatum de fato et bona fortuna („Abhandlung über
Schicksal und Glück“) zu widmen.
Da das Thema sprachliche Präzision verlangt, verzichtet Rozonus um der Klarheit
willen auf jeden stilistischen Mehrwert (Bl. 4rv) :
Aggrediar, inquam, stilo simpliciori, non fucis eloquentiae pleno, quoniam ornari res ipsa ne-
gat, contenta doceri, atque haec ipsa Astrologica facultas habet proprios terminos, quos trans-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593