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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Seite - 404 -
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404 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Beispiel Interpretation Pointe. Hinzu kommt ein ausgeprägtes Streben nach dem Paradoxen, wie es die immer wieder behandelten Grundparadoxien des christlichen Glaubens (Gott als Mensch, Kreuzigung als Sieg, Tod als Leben usw.) nahe legen. Vor allem bei den etwas längeren Gedichten und in den Zyklen sieht man aber, dass die Schüler auch komplexere literarische Techniken und Bauformen beherrschen, beispielsweise die Dialogisierung (Andreas, [6]), die Einkleidung einer Erzählung in einen Traum oder die Orientierung an einem außerliterarischen Strukturschema wie dem des Totentanzes (Thobias, 1–13 und 110–122, s.o.). Bildsprache und Metaphorik sind mitunter eindrücklich, v.a. in den häufig behandelten Bereichen Tod und Marty- rium, kippen aber gerade dort auch schnell ins Gesuchte und Groteske : So werden etwa in einer Elegie auf das Martyrium der Hl. Ursula (Thobias, 238–240) die Pfeile, mit denen das Mädchen beschossen wird, als calami bezeichnet, was auch „Schreibgriffel“ bedeuten kann, und notieren auf den von ihnen getroffenen Kör- perteilen erbauliche Epigramme. Dabei lassen sich zwischen den drei Corpora deut- liche qualitative Unterschiede feststellen : Thobias merkt man es an, dass ihm noch ein Jahr Unterricht fehlt. Unter den Rhetoren wiederum wirkt Andreas souveräner und auch spielerischer als die anderen Schüler. Interessanter als das Verteilen von Noten ist es aber, im Detail zu beobachten, wie die Schüler versuchen, den an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Am besten geht das bei den Epigrammen, deren Vorzüge sich ja wie gesagt recht klar angeben lassen. Ein beliebig herausgegriffenes Epigramm von Thobias auf die Haare, mit denen Maria Magdalena die Füße Jesu getrocknet hat (198), lautet etwa folgendermaßen : De illius capillis, quibus Christi pedes tergebat […] O quam diversos crinis formatur in usus ! Arma sua invictus ponere nescit Amor. Magdala crine potest, solitae memor artis, eodem Illa querare homines, illa querare Deum. Über ihre Haare, mit denen sie Christi Füße abwischte […]. O zu wie verschiedenartigem Gebrauch wächst das Haar ! Seine Waffen strecken – das kann der unbesiegbare Liebesgott nicht. Magdalena erinnert sich ihrer gewohnten Kunst und vermag mit demselben Haar Menschen zu umgarnen – und Gott ! Das Epigramm ‚springt‘ mit einem Ausruf in die Situation (V.  1) und formuliert anschließend eine Sentenz (V.  2), wobei beides vorerst noch erklärungsbedürftig bleibt. Die Erklärung wird dann in der zweiten Gedichthälfte durch den Verweis auf die bekannte Episode aus Lk 7,38 gegeben. Der gedanklich zugrunde liegende
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
1
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
602
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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