Seite - 414 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
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414 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
gesuchter Stil :
Beispiel
Würdigung
Heufflers
Hartmannvita und poetischen Genera : Es wird geklagt, getröstet, gepriesen, reflektiert, überredet
usw., und zu den schon erwähnten metrisch definierten Gattungen treten z.B. noch
die Ekphrasis eines fingierten Gemäldes bzw. die Anleitung zu seiner Herstellung
(17–18), das ‚Emblem ohne Bild‘ (20–21, vgl. hier S.
428), der (von Ov. trist. 4,10
inspirierte) autobiographische Brief (23–25) und das Grabepigramm (27–28).
Sprachlich und gedanklich sind die Gedichte oft schwierig und in ihrer Suche
nach ungewöhnlichen Assoziationen und originellen Allegorien mitunter verstie-
gen. Als Beispiel sei eines der ‚Embleme ohne Bild‘ angeführt, in dem die Tatsache,
dass Alexius’ im Irdischen befangene Braut diesen nicht erkennt, durch das Bild
einer Mondfinsternis ausgedrückt wird (20) :
Patria hospitalitas Alexii parentibus obscura symbolo lunae deficientis ob interpositas terras
inter ipsam et solem expressa cum lemmate
TERRA VETAT
Deficit in solis subtracto lumine luna,
Quod media obscuro pondere TERRA VETAT.
Talia Roma videt patrios repetente penates
Hospite Alexi : virum noscere sponsa nequit.
Terra vetat terris defixaque lumina sponsae,
Ne dium videat, quem tenet ante, virum.
Alexius’ Aufenthalt im Vaterhaus bleibt seinen Angehörigen verborgen, was im Bild des
Mondes, der sich verfinstert, weil sich die Erdmassen zwischen ihn selbst und die Sonne
schieben, mit einem Sinnspruch ausgedrückt wird
DIE ERDE VERBIETET’S
Es verfinstert sich der Mond, dem das Sonnenlicht entzogen worden ist, weil DIE ERDE,
die sich mit ihrem dunklen Gewicht dazwischen schiebt, ES IHM VERBIETET. Solches
sieht auch Rom, als Alexius als Gast den väterlichen Herd wieder aufsucht : Seine Braut
kann ihren Mann nicht erkennen. Die Erde verbietet’s der Braut und ihre zur Erde gehef-
teten Augen, so dass sie ihren heiligen Mann, den sie vor sich hat, nicht sieht.
Hier verfinstert die Erde nicht nur Mond und Braut, sondern beinahe auch den
Sinn des Gedichts. Sieht man von solchen Übertreibungen ab, ist Perotti jedoch
ein bemerkenswertes Heiligenleben gelungen, das in seiner Konzeption originell,
durch die Vielfalt seiner Perspektiven und Ausdrucksformen anregend und ver-
gleichsweise unterhaltsam zu lesen ist.
Ein ganz andersartiges Heiligenleben, das teilweise in den Bereich der Kloster-
geschichte hinüberführt, verfasste im Jahr 1609 der junge Neustifter Chorherr Ma-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593