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428 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Epithalamium
zweiter Teil iens e o as a ius a es), aus einer längeren hexametrischen Sylva (wörtlich „Wald“ ; der
Titel verweist auf die panegyrischen Silvae des Statius als Inspirationsquelle) eines
Johannes Bonomus ([23]–[37]) :
Athesis, der Gott der Etsch, opfert mit seinen Nymphen Neptun, um die drohenden
Schrecken des Dreißigjährigen Krieges von Trient abzuwenden. Als der Meeresgott er-
scheint, staunt er über das ungepflegte Äußere der Flussnymphen ([23]–[25]). Auf die
Erklärung hin, man trauere über die Abwesenheit des in Rom weilenden Carlo Gaudenzio,
schickt er Triton zum Flussgott Tiber, um den Bischof zurückzuverlangen ([25]–[28]). Der
Tiber winkt ab : Carlo Gaudenzio sei unabkömmlich. Als Ersatz schlägt er Carlo Emanuele
vor. Sein Vorschlag löst bei Athesis und den Nymphen Begeisterung aus ([28]–[29]). Sie
machen sich sofort an die Vorbereitungen zu einem groĂźen Fest und verfertigen fĂĽr Carlo
Emanuele ein goldenes Diadem mit zwölf Edelsteinen, die seinen verschiedenen Tugenden
und geistigen Leistungen entsprechen ([29]–[35]) – und samt ihrer jeweiligen Bedeutung
ebenso ein Produkt des Augenblicks scheinen wie die sieben Juwelen in einer älteren Rede
Nicolao Inamas für Lodovico Madruzzo (vgl. hier S. 465–467). Mit einer Beschreibung
der allgemeinen Festfreude schließt das Gedicht ([36]–[37]).
Die elaborierte Götter-Rahmenhandlung steht in der Tradition von Statius’ und
Claudians Epithalamien (Stat. silv. 1,2 ; Claud. 10). Auf das Epithalamium verweist
auch ein zweizeiliger Kehrvers, der die Herstellung des Diadems und die Festbe-
schreibung ([29]–[37]) gliedert : Er dürfte von Catulls Hochzeitsgedicht carm. 62
inspiriert sein. Der Anschluss an diese Gattung ergibt bei einem Gedicht auf die
AmtseinfĂĽhrung eines Bischofs durchaus Sinn, da diese auch sonst gern allegorisch
als Heirat mit seiner Kirche dargestellt wird.
Der zweite Teil der Gedichtsammlung besteht aus oft zu Serien zusammenge-
fassten Epigrammen und anderen kĂĽrzeren Gedichten. Ein erster Zyklus umfasst
zwölf Epigramme ([38]–[43]), welche die Arbeiten des Herakles als Allegorien
fĂĽr Tugenden und Leistungen des Bischofs deuten oder diese vorteilhaft mit je-
nen vergleichen. Sie werden im gemeinsamen Titel als Emblemata bezeichnet und
sind tatsächlich wie Embleme ohne Bild (vgl. auch hier S. 414) aufgebaut : Dem
Emblemtitel entspricht der Epigrammtitel (etwa Leo Nemeaeus, „Der Nemeische
Löwe“) ; das Bild wird durch eine Beschreibung der jeweiligen Arbeit vertreten ; die
Schlussverse deuten diese allegorisch und entsprechen so der Bildunterschrift. Drei
nach demselben Schema gebaute Einzelepigramme folgen ([44]–[45]). Ein zweiter
Zwölferzyklus ([45]–[50]) behandelt verschiedene Themen wie Carlo Emanueles
Aussicht auf den Kardinalsrang (Nr. 1–4 ; diese Hoffnung, auf die auch die Sylva
auf den S. [35]–[36] anspielt, sollte sich nicht erfüllen) oder Kritik an den ungläu-
bigen – d.h. muslimischen – Einwohnern seines Titularsitzes Aureliopolis (Nr. 7–9,
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593