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Dichtung 431
Dichter in Eile
Geburtstag eines
Abtes
ein gutes Regiment führt, ist eine Insel der Seligen (7–10). Ein neuerliches Lob derer von
Spaur wird mit einem der Habsburger verzahnt, denen jene treu ergeben sind ; gemeinsam
kämpft man gegen die Türken (10–12). Spaurs Herrschaft und Hofhaltung werden noch
einmal gepriesen (12–13). Schließlich sehen wir den Dichter selbst bei der Arbeit : Er sam-
melt poetische BlĂĽten und windet daraus einen Kranz fĂĽr den Gefeierten. Am Ende gibt er
nochmals seiner Elegie das Geleit (13–14).
Die Ringkomposition, die das Gedicht zusammenhält, kann nicht darüber hin-
wegtäuschen, dass die Themen in seinem Inneren eher wahllos aufeinander fol-
gen. Auch Leitmotive, die dem Text eine gewisse Einheitlichkeit verleihen könnten,
sucht man vergeblich, obwohl manche von Inamas Bildern, so etwa die allegorische
Darstellung Spaurs als leuchtende Fackel (3–4) oder als guter Weinbauer (7–8 ; pas-
send aufgrund der biblischen Assoziationen wie des um Brixen betriebenen Wein-
baus), durchaus das Potenzial zu solchen hätten. Der Kehrvers BRIXINA ter felix,
numina nosce tua (7–9 ; „Dreimal glückliches BRIXEN, erkenne deine Gottheit !“)
wird ebenfalls nicht durchgehalten. Die Metrik ist schlampig : Unter anderem be-
gegnen viele irrationale Längen und Kürzen, fehlerhaft gebaute Pentameter und
sogar ein um einen FuĂź zu kurz geratener Hexameter (7 ; Terra luem alma parens
non ferre recusas ?, „Nährende Mutter Erde, weigerst du dich nicht, diese Verderbnis
zu ertragen ?“). Auch plumpes und unidiomatisches Lat. kommt vor. Was bedeutet
es z.B. genau, wenn von Spaur gesagt wird : Omnibus affatu, interdum trans pondera,
dulcis (13 ; „Er hat für jeden ein freundliches Wort übrig, mitunter jenseits seiner
Lasten“) ? Anscheinend drängte die Zeit, und Inama hat den Text hastig herunter-
geschrieben. Seine Reden zeigen, dass er zu Besserem imstande war.
Ein recht reizvolles, aber auch rätselhaftes Einzelstück ist dagegen eine 20 Verse
kurze Elegie, die hs. in der Klosterbibliothek von St. Georgenberg-Fiecht ĂĽberliefert
ist (Fiecht, L 49, 17). Der sonst unbekannte Benediktinermönch Placidus20 hat sie
zum Geburtstag seines Abtes Benedikt – wohl Benedikt Herschl, reg. 1639–1660
(Pockstaller 1874, 187–200) – verfasst. Er lobt in ihr einen Maurus, der zum of-
fenbar in die Wintermonate fallenden Geburtstag des Abtes ĂĽber gefrorene Wogen
nach St. Georgenberg gekommen sei, was einen groĂźartigen Beweis der Liebe und
Ergebenheit darstelle, und will selbst diesem Vorbild nacheifern : Dic, iube : nunc
tua iussa sequor, Benedicte, per undas / ibo, per ardentes atque redibo focos (V.Â
11–12 ;
„Sprich, befiehl ! Jetzt befolge ich deine Befehle, Benedikt : Ich werde Wogen durch-
queren, ja durch glühendes Feuer zurückkehren“). Wer aber ist Maurus ? Sicher
20 Der Zusatz Mons. oder eher Nons., den sein Name in der Hs. trägt, hilft nicht weiter : Die Lesung
ist unsicher und man weiĂź nicht, ob es sich um einen Familiennamen oder eine Herkunftsbezeich-
nung, eine Vollform oder eine AbkĂĽrzung handelt.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593