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512 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Vigilio Vescovi
Posthumae
memoriae
Caroli Emmanuelis
[…] vita dass sie, weil sie in einzigartiger Liebe zu allen Menschen, besonders zu denen, die in Angst
und Nöten waren, entbrannte, mit das Menschenmögliche übersteigender Kraft für alle
Zuflucht und letzter, sicherster Trost war. Ihre Liebe und ihr Erbarmen wurde auch den
Menschen zuteil, die wegen ihrer Verbrechen den Hass des Menschengeschlechts auf sich
gezogen hatten und die, des öffentlichen Umgangs für unwürdig befunden, zum Tod ver-
urteilt wurden ; mit allen Mitteln versuchte sie bei ihrem Mann, diese zu retten und den
Fängen des Todes zu entreißen.
Generell steht die Vita der Anna Juliana zwischen Hagiographie und Biographie im
engeren Sinn, zu der nun ĂĽberzuleiten ist : Der bedeutendste lat. Biograph dieser
Epoche war der in Vermiglio (nordwestlich von Trient) geborene Vigilio Vescovi
(um 1610–1679). Nach Studien am Seminar von Trient wurde er zum Priester
geweiht und trat in die Dienste des Bischofs Carlo Emanuele Madruzzo (reg. 1629–
1658), fĂĽr den er 18 Jahre lang arbeitete (vgl. BCT, ms. 1631, Bl. 139v) und zahlrei-
che diplomatische Aufträge erledigen konnte. In unserem Zusammenhang wichtig
ist seine Tätigkeit als Haushistoriker des Bischofs : Als solcher hatte er Zugang zu
allen wichtigen Unterlagen, die vielfach in seine Schriften Eingang fanden. Nach
der Zeit am fürstbischöflichen Hof wurde Vescovi Pfarrer in Mezzocorona, wo er
Zeit fĂĽr seine schriftstellerische Arbeit fand.5
Die früheste biographische Schrift Vescovis fand in einer größeren Arbeit Auf-
nahme : 1648 veröffentlichte Mario Bettini SJ (1582–1657) in Bologna die drei
Bände seines Aerarium philosophiae mathematicae („Schatzkammer der mathemati-
schen Philosophie“, s. hier S. 561–562), in dessen erstem Band sich eine auf den 7.
März 1643 datierte Widmungsepistel an Fürstbischof Carlo Emanuele Madruzzo
findet. Zu Beginn des zweiten Bandes stehen als Ergänzung Vescovis zehn Seiten
fĂĽllende Posthumae memoriae illustrissimorum heroum spectatissimae Madruzziae
familiae („Postume Aufzeichnungen über die herausragendsten Helden der be-
rühmtesten Familie Madruzzo“).6 Nach einer allgemeinen Einleitung zur Familie
Madruzzo bietet die Schrift 13 Kurzbiographien wichtiger Mitglieder der Familie
Madruzzo von Giangaudenzio (Nr. 1) bis zu Bischof Carlo Emanuele (Nr. 13).
Das bedeutendste Werk Vescovis ist seine Caroli Emmanuelis Madrutii comitis
de Challant episcopi Tridentini vita („Leben des Carlo Emanuele Madruzzo, Graf
von Challant, Bischof von Trient“), die in der Hs. BCT, ms. 1631 nicht weniger
als 166 Blatt umfasst, auf denen sich Korrekturen und Randergänzungen finden.
Eine Abschrift der Bl. 1r–23v bietet BCT, ms. 2154, wobei hier alle Korrekturen
5 Zu Vescovis teilweise widersprüchlich erzählter Biographie vgl. Gasser 4, 134–135 ; Ambrosi 1894,
49–50 ; Proner 1959, 119–121 ; Stenico 1970, 272.
6 Eine Abschrift bietet BCT, ms. 2154, Bl. 140r–143r.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593