Seite - 531 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Bild der Seite - 531 -
Text der Seite - 531 -
Theologie und kirchliches Schrifttum 531
De
praedestinatione
genannten Werkes Doktor der Heiligen
Schrift und Professor der Theologie. In
seinem Orden genoss er als Theologe und
Prediger hohes Ansehen. 1570–1571 war
er Guardian des Innsbrucker Klosters
und gehörte als solcher zu den Vertrauten
FerdinandsÂ
II. Seit etwa 1590 hielt er sich
in Trient auf, wo er wahrscheinlich zwi-
schen 1609 und 1612 starb (Pecher 2007,
43–53). Seit den späten 1580er-Jahren
publizierte er auf Italienisch und Lat.,
wobei er sich wiederholt mit dem Thema
der Prädestination befasste (Werktitel bei
Gasser 1, 105–106 ; vgl. Pecher 2007,
56–62).
Bei De praedestinatione handelt es sich,
wie schon die Betonung des Katholizis-
mus im vollen Titel andeutet (opus […]
catholicum), um ein klassisches Werk der
Kontroverstheologie, in deren Themen-
kanon die mit der Prädestinationslehre
Hand in Hand gehende Rechtfertigungs-
lehre eine zentrale Stellung einnahm (LThK 6, 334). Die Franziskaner bildeten
neben Augustinern und Dominikanern auf diesem Gebiet eine eigene Schule aus
(HdK 4, 491). Was inhaltliche Vorbilder betrifft, verweist zwar der Titel auf Augus-
tinus und sein De civitate Dei („Vom Gottesstaat“), der Text selbst jedoch bezieht
sich noch häufiger auf Johannes Duns Scotus (1265/66–1308), den bedeutendsten
Theologen und Philosophen der Franziskaner im Mittelalter. In formaler Hinsicht
handelt es sich um einen im Jahr 1605 spielenden Dialog zwischen einem der Scho-
lastik verpflichteten Magister der Theologie aus dem Franziskanerorden, der von
seinem Vorgesetzten aus Verona zur Erholung aufs Land geschickt wird, und einem
mysticae devotus senex (1 ; „der Mystik hingegebener Greis“). Während dieser das
Thema vorgibt, liegen Gesprächsführung und Argumentation selbst weitgehend in
den Händen des theologisch versierten, unschwer als Autorfigur zu erkennenden
Franziskaners ; der Beitrag des Mystikers beschränkt sich meist auf präzisierende
Nachfragen. Der Gedankengang ist wenig stringent. Anstatt geradlinig fortzu-
schreiten, umkreist er sozusagen das Thema und kommt in immer neuen Anläufen
auf dieselben Fragen zurück. Daran ändert auch die erwähnte Einteilung in drei
Bücher (1–53, 55–142, 143–183) nichts, deren erstes angeblich das esse („Sein“)
Abb. 83: Titelblatt von Lodovico Borois
De divina civium civitatis Dei praedestinatione,
Venedig 1607.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593