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254 Handlungsfelder
Baden mit einer Tochter und einer weiblichen Verwandten sowie für Landgräfin Sophie
Eleonore von Hessen-Darmstadt, die wahrscheinlich ebenfalls von ihrer Tochter Elisabeth
Amalie begleitet wurde37. In allen diesen Fällen fehlte die Obersthofmeisterin der Kaiserin
– die Aufsicht über die Hoffräulein führte nur die Fräuleinhofmeisterin. Man vermied also
Präzedenzstreitigkeiten in bewährter Weise, indem eine der beteiligten Seiten einfach nicht
erschien. Dass dieser schwelende Konflikt dann im Vorfeld der Krönung von Kaiserin Eleo-
nora Gonzaga-Nevers eskalierte, ist oben schon beschrieben worden38.
Die Audienzen fĂĽr FĂĽrsten des Reiches verliefen entsprechend, wobei hier stets auf Ver-
gleichbarkeit zu denen des Kaisers selbst geachtet wurde39: Den KurfĂĽrsten ging die Kai-
serin bis zur TĂĽr entgegen, und sie erhielten Lehnsessel mit roter Polsterung; regierende
ReichsfĂĽrsten durften ihren Kopf bedecken usw. In entsprechender Weise wurden fĂĽrstliche
Damen und Herren in Regensburg im Ăśbrigen auch bei Kaiserin-Witwe Eleonora Gon-
zaga empfangen, die ja ab Mitte April 1653 ebenfalls fĂĽr einige Monate in der Stadt weilte.
Das Zeremonialprotokoll verwies dazu ausdrĂĽcklich darauf, dass die Kaiserin-Witwe am 17.
April „als den drütten tag nach ihrer May. der verwittibten Kayserin ankhonfft, … ange-
fangen, denen h. chur- vnd fĂĽrsten auch dern respective gemahlinen audienz zuertheillen,
darbey es allenthalben wie bey ihrer May. der regirenten Kayserin gehalten worden.“40
Audienzen in Wien
Die Betrachtung des Audienzzeremoniells der Kaiserin lässt damit die Abbildung und zu-
gleich Herstellung von Hierarchien durch Gesten, Ausstattung und Anordnung der Per-
sonen im Raum gut erkennen. Dass die Audienzen 1653 in Regensburg und der Konflikt
um den Platz der Obersthofmeisterin bedeutsam für das zeremonielle Gefüge der nächsten
Jahrzehnte waren, belegen Sammlungen mit Beschreibungen des Vorgehens genauso wie
die spätere zeremonielle Praxis am Wiener Hof und bei Aufenthalten im Reich41. Dabei
waren Besuche von KurfĂĽrsten und KurfĂĽrstinnen in Wien nach 1652 selten, als Kaiser
und Kaiserin in Prag im Vorfeld der Königswahl und des Reichstages von 1653/54 fast alle
KurfĂĽrsten und die KurfĂĽrstin-Witwe von Bayern empfangen hatten42.
37 HHStA, ZP 1, S. 140, 166, 280, 3.03., 5.05. und 28.06.1653.
38 Siehe dazu oben 127–132.
39 Z. B. HHStA, ZP 1, S. 9–10, 12–13, 82–83.
40 HHStA, ZP 1, S. 163, 17.04.1653.
41 HHStA, Ă„ZA, Nr. 3/25; Ă„ZA, Nr. 4/1.
42 HHStA, ZP 1, S. 9–13, 19–21, 37–38, 41, 43–46, 49; siehe auch ebenda, ÄZA, Nr. 3/25.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Title
- Die Kaiserin
- Subtitle
- Reich, Ritual und Dynastie
- Author
- Katrin Keller
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Ăśberblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und KurfĂĽrsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Ăśberblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Ăśberlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- GruĂźbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- FĂĽrbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als FĂĽrsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die BegrĂĽndung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- AbkĂĽrzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427