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Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
Eleonora Gonzaga am Morgen in das Quartier Christian von Anhalts hatte senden lassen
als Dank für seine Anwesenheit bei den Krönungen Ferdinands III. und Maria Annas.
Herzog Friedrich von Sachsen-Gotha dagegen vermerkte in seinem Tagebuch für seinen
Wien-Besuch 1676 nur, Kaiserin-Witwe Eleonora Gonzaga-Nevers habe mit ihm über „aller-
hand sachen“69 gesprochen. Elisabeth Philippine von Schaumburg, die im gleichen Jahr als
Hoffräulein die Herzogin-Witwe Luise von Liegnitz nach Wien begleitete, berichtete ihrem
Vater in Bückeburg von den Audienzen bei Kaiserin Claudia Felicitas, Kaiserin-Witwe Eleo-
nora Gonzaga-Nevers und Erzherzogin Anna von Tirol, der Mutter der Kaiserin, im Wesent-
lichen, dass alle drei sie nach ihrer Familie gefragt hätten. Dass sie die Kaiserin überhaupt
habe am Krankenbett besuchen dürfen, sei so außergewöhnlich, dass viele in Wien „mihr
ordentlich gratuliret zu der gnade, so ich empfangen hätte von ihr Majst. der Kayserin, dan
noch niemahls eine vnverheurahtete gräffliche dame wehre vor ihr Majst. bette kommen als
ich, vndt das es einne particuliere große gnade wehre“70. Der Kurfürst von Mainz wiede-
rum berichtete 1613 seinem Bruder, dem Herzog von Bayern, von einer Audienz bei Kaiserin
Anna, er habe in diesem Gespräch den schädlichen Einfluss Kardinal Khlesls in der Reichs-
politik angesprochen; sie habe ihn aber stark verteidigt. Ihrerseits habe sie deutliches Interesse
an der Anwesenheit des Herzogs und seiner Gemahlin beim Reichstag formuliert, worauf der
Kurfürst „ir zimliher massen geantwortt vnd vnssers hauss reputation dabey nit vergessen.“71
Audienzen für reichsständische Diplomaten
Vor allem in den Notizen des Fürsten von Anhalt tritt damit die Verbindung von Gnaden-
erweis, Konversation und inhaltlichem Gespräch recht gut zutage. Ähnliches gilt wahr-
scheinlich auch für die Audienzen, die Kaiserinnen Gesandten verschiedener Fürsten des
Reiches gaben und auf die nun abschließend noch hingewiesen werden soll. Sie sind leider
außerordentlich schlecht dokumentiert und meist nur über die Korrespondenzen der Ge-
sandten mit dem Heimathof erkennbar, so dass wiederum nur aufgrund einiger Beispiele
argumentiert werden kann. Immerhin lässt sich erkennen, dass Kaiserinnen reichsfürst-
lichen Gesandten sowohl bei Reisen ins Reich wie am Wiener Hof selbst solche Audienzen
gaben, obwohl das Zeremonialprotokoll gerade letzteres nie erwähnt.
Für 1612, 1613, 1640, 1653 und 1690 können Audienzen für reichsfürstliche Gesandte
im Kontext von Krönungen und Reichsversammlungen nachgewiesen werden72, wobei
69 Jacobsen, Tagebuch, Bd. 1, 403f.
70 NLAB, F 1, A XXXV 7 Nr. 1, unpag., 15.01.1676.
71 Chroust, Reichstag 1613, 673f.
72 Chroust, Reichstag 1613, 914. Mollenbeck (Mollenbeck, De Augusta, 18–22) zitiert ein Schrei-
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Title
- Die Kaiserin
- Subtitle
- Reich, Ritual und Dynastie
- Author
- Katrin Keller
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427