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42 An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin
sichtlich der Herrschaftsrechte der Kaiserin im Reich ableiten lassen, ist schwer einzuschÀt-
zen, da es vor 1600 keine deutlich formulierten juristischen Positionen dazu gab. Sicher
war die Kaiserin stets implizit mitgedacht, wenn der generelle Ausschluss von Frauen von
Herrschaft in einem juristischen Sinne formuliert wurde. Zugleich deutet die skizzierte
reichspublizistische Debatte darauf hin, dass Festlegungen des römischen Rechtes eher zu-
gunsten einer Herrschaftsteilhabe der Kaiserin interpretierbar waren, etwa was die Ăber-
tragung von Privilegien betrifft.
Nach den Befunden von Amalie FöĂel bezĂŒglich eines deutlichen Verlustes von Herr-
schaftsrechten der Kaiserin im Reich121 seit dem hohen Mittelalter bleibt jedoch eher zu
vermuten, dass mit den ĂuĂerungen der Reichspublizistik ein bereits frĂŒher eingetretener
Status quo festgeschrieben wurde, als dass sich die Bodin-Rezeption in der Frage der Ma-
jestas in zusÀtzlichen BeschrÀnkungen solcher Rechte niedergeschlagen hÀtte. Allerdings
gewann Bodins Lehre in ihrer reichspublizistischen Ausdeutung â auch und gerade bei
Limnaeus â Relevanz fĂŒr die Beurteilung der Position des Kaisers und die Relevanz der
ReichsstĂ€nde122 und damit fĂŒr eine spezifische Sicht auf die Majestas des Kaisers selbst.
Ăber die Folgen dieses Umstandes fĂŒr die Position der Kaiserin im Reich wĂ€re noch in-
tensiver nachzudenken. Dies legt nicht zuletzt eine zweite Diskussionslinie der Reichs-
publizistik nahe, in der die Kaiserin wiederholt ErwÀhnung fand: in der Erörterung der
Goldenen Bulle als Reichsgrundgesetz.
Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle
FĂŒr die reichsrechtliche Stellung der Kaiserin in der Neuzeit war, obgleich das die Reichs-
publizistik nur selten deutlich formulierte, die allmÀhliche AusprÀgung des Wahlreiches
von erheblicher Bedeutung. Einen fundamentalen Schritt dabei setzte die Goldene Bulle
von 1356, die von den frĂŒhneuzeitlichen Juristen als Reichsgrundgesetz123 behandelt wurde.
In der Auslegung zunÀchst vorrangig vor dem Hintergrund von kanonischem und rö-
mischem Recht dargestellt, wurde sie im Laufe der Zeit immer stÀrker ins Ius publicum
eingebunden und im 18. Jahrhundert schlieĂlich vorrangig rechts- und verfassungsge-
schichtlich kommentiert124. Im Kontext dieser Diskussionen wurde auch die Kaiserin zum
Gegenstand, obwohl sie bekanntermaĂen im Text der Goldenen Bulle allenfalls marginal
erwÀhnt wird: Kapitel 26.2 der Metzer Gesetze, die den zweiten Teil der Goldenen Bulle
121 FöĂel, Königin, 385f.; Dies., Von gots gnaden, 32f.
122 Stolleis, Reichspublizistik, 180f.
123 Z. B. Stolleis, Reichspublizistik, 129f.
124 Buschmann, Rezeption, bes. 1118.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Ăsterreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Title
- Die Kaiserin
- Subtitle
- Reich, Ritual und Dynastie
- Author
- Katrin Keller
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Ăberblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die ErzÀmter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der FrĂŒhen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und KurfĂŒrsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und PrÀzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Ăberblick 160
- EigenstÀndige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale PrÀsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche ReprÀsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen fĂŒr reichsstĂ€ndische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Ăberlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- GruĂbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- FĂŒrbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als FĂŒrsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die BegrĂŒndung der Regentschaft 300
- Zum SelbstverstÀndnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der FrĂŒhen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen âim Reichâ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697â1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427