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300 Handlungsfelder
che Rolle sie 1711 im und für das Heilige Römische Reich spielte. Für eine Gesamtschau
müsste man allerdings eine Vielzahl von Quellen aus der inneren und äußeren Adminis-
tration der Habsburgermonarchie durchsehen, vor allem, wenn man den Anteil, den sie
selbst an Entscheidungsfindungen genommen hat, differenziert darstellen will. Ausgehend
von drei relativ kompakten Überlieferungen233 soll hier lediglich versucht werden, eben
nach dem persönlichen Agieren der Regentin zu fragen und in diesem Zusammenhang in
erster Linie ihre Rolle im Vorfeld der Kaiserwahl von 1711 zu umreißen.
Die Begründung der Regentschaft
Zunächst gilt es die Frage zu beantworten, wieso diese Aufgabe überhaupt Kaiserin-Witwe
Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg zufiel, hatte doch Joseph I. eine Ehefrau hin-
terlassen, die prinzipiell genauso wie ihre Schwiegermutter hätte subsidiär die Herrschaft
übernehmen können. Leider ist die Debatte, die unter den Wiener Ministern der Ernen-
nung der Kaiserin-Mutter vorausging, nicht nachvollziehbar234. Zweifellos war es jedoch
nicht vorrangig die besondere Klugheit Eleonoras235, wie Gustav Turba vermutete, die die
Wahl auf sie fallen ließ, obwohl sicher bekannt war, dass sie ihr Gemahl Leopold I. als
politische Ratgeberin sehr geschätzt hatte236. Auch der Umstand, dass schon 1707 in Wien
diskutiert wurde, ob man die Kaiserin-Mutter nicht als Statthalterin ins gerade eroberte
Königreich Neapel entsenden solle237, spricht dafür, dass man ihr am Hof politisch-herr-
schaftliches Handeln zutraute.
In der älteren Literatur ist in diesem Zusammenhang auf Eleonora Magdalenas Quali-
tät als gekrönte Königin von Ungarn hingewiesen worden sowie darauf, dass ihr Gemahl
Leopold I. sie bereits testamentarisch als Vormundin des Thronerben eingesetzt hatte238.
233 Dabei handelt es sich um die Briefe des Kanzlers Johann Wenzel Wratislaw an Karl von Spanien,
die in einer älteren Edition von Alfred von Arneth (Arneth, Eigenhändige Correspondenz) vorlie-
gen, um die Kanzleikorrespondenz zwischen Karl und seiner Mutter aus der Zeit der Regentschaft
(HHStA, Staatenabteilungen, Spanien, Hofkorrespondenz 12 und 13) sowie um den Briefwechsel
zwischen Eleonora Magdalena und ihrem Bruder, Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz (BayH-
StA, Kasten blau 44 Nr. 10 (1710–1711).
234 Die Meldung im Theatrum Europaeum (Bd. 19, 532), Joseph I. habe seine Mutter auf dem Toten-
bett zur Regentin ernannt, ist unwahrscheinlich. Kanzler Wratislaw hätte dies zweifellos in seinem
Bericht an Karl III. von Spanien erwähnt.
235 So Turba, Pragmatische Sanktion, Bd. 1, 128. Zur Fürstin als Ausnahme siehe oben 13, Anm. 18,
und 36.
236 Anzböck, Eleonore Magdalena, 80f.; Fassmann, Gespräche, 178.
237 Arneth, Eigenhändige Correspondenz, 40, 45.
238 Turba, Pragmatische Sanktion, Bd. 1, 129f. Zur Krönung 1681 kurz Bak/Pálffy, Crown, 97.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Title
- Die Kaiserin
- Subtitle
- Reich, Ritual und Dynastie
- Author
- Katrin Keller
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427