Page - 40 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Image of the Page - 40 -
Text of the Page - 40 -
Der italienische Humanismus in
Österreich40
Folge wieder Friedrich III. bis zu seiner Brautwerbung um Eleonore von Portugal
und den Vorbereitungen zu seinem Romzug 1452 im Mittelpunkt. Die dritte und
letzte Fassung beginnt mit einer Beschreibung von Wien und einer Geschichte Ös-
terreichs unter den Babenbergern mit zahlreichen Hinweisen auf die Reichspolitik
der staufischen Kaiser, um dann wieder den abrupten Sprung in die Zeitgeschichte
der Mitte des 15. Jahrhunderts zu vollführen: „Die erste Redaktion ist zeitgeschicht-
lich-monographisch und thematisiert neben dem österreichischen Aufstand 1451/52
überblicksartig die Herrschaft Friedrichs III. bis zum Sommer 1452. Die späteren
Fassungen hingegen befassen sich mit der sagenhaften Frühgeschichte Österreichs
und des Reiches, die Zeitgeschichte setzt erst mit der Brautwerbung bzw. dem Ab-
schluss des Ehevertrages Friedrichs III. 1450 ein.“39
Die noch vor der Historia Austrialis verfasste, aber nie gehaltene Reichstagsrede
gegen die aufständischen Österreicher unter Ulrich Eytzinger, war für eine Inter-
vention auf dem Landtag von Wien im November 1452 geplant und kann als ein
Musterbeispiel einer humanistischen politischen Rede gelten: der mit 63 Drucksei-
ten relativ umfangreiche Text ist nach klassischem Muster gegliedert in Exordium,
Propositio, Argumentatio und Peroratio. Als Ziel seiner Rede definiert Piccolomini in
der Einleitung die Widerlegung der gegnerischen Argumente der consultores, der
Ratgeber der Aufständischen aus dem Umkreis der Universität Wien, und die Ver-
urteilung der Handlungen der actores, der von diesen Juristen verführten Aufständi-
schen. Nach einer Darstellung und Zurückweisung des gegnerischen Vorwurfs, der
Papst mische sich in weltliche Angelegenheiten ein, setzt die in fünf Teile gegliederte
zentrale Argumentation ein: a) die Frage nach der weltlichen Autorität des Papstes;
b) die Widerlegung des gegnerischen Anspruchs, die Aufständischen handelten im
Interesse von König Ladislaus, und der Nachweis, dass sie genau das Gegenteil
anstreben; c) die Rechtmäßigkeit der päpstlichen Bulle zugunsten der Position von
Friedrich III.; d) die Frage der möglichen Appellation an ein künftiges Konzil; e) ein
versöhnlicher Aufruf des Papstes zu Frieden und Gehorsam im römischen Reich.
Piccolominis in seinen Briefen, seinen Traktaten und seinen Reden zu Tage tre-
tende vorbildliche Beherrschung der lateinischen Stilistik muss wohl die Bewunde-
rung der Zeitgenossen nördlich der Alpen hervorgerufen haben. Ohne das bildungs-
stolze Gehabe vieler italienischer Humanisten, das deutschsprachige Studenten bei
ihren Studienaufenthalten kennenlernen, praktiziert er etwas ganz anderes als die
Formelhaftigkeit der mittelalterlichen Briefstillehren und erreicht damit eine der
klassischen Tradition verpflichtete Wirkungsästhetik im Sinne Petrarcas. Für die
39 Knödler: Überlegungen, S. 58.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549