Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Page - 41 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 41 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Volume I

Image of the Page - 41 -

Image of the Page - 41 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Volume I

Text of the Page - 41 -

41 Verbreitung des Humanismus mit seinen rhetorischen Bildungsgedanken und litera- rischen Formen spielt Piccolomini daher eine zentrale Rolle: „Daß von Eneas Silvius Piccolomini wenn schon nicht der erste, so doch der erste wichtige und vor allem nachhaltige Impuls für die Rezeption des Frühhumanismus in Österreich ausgegan- gen ist, ist in der modernen Forschung unbestritten.“40 Wie bei vielen anderen Humanisten, in Italien und nördlich der Alpen, erweist sich allerdings die erste Zeit des Aufenthaltes am Hof als sehr schwierig, da die tra- ditionellen Strukturen von Kirche, Politik, Militär und Feudalsystem dem Intellek- tuellen zunächst misstrauisch bis ablehnend gegenüber stehen. In dem auf Grund seines Inhaltes als De miseriis curialium titulierten Brief aus Bruck an der Mur im November 1444 an seinen deutschen Freund Johann von Eych zieht Piccolomini eine weitgehend negative Bilanz und schildert in mehreren – zweifellos in rhetori- scher Absicht dramatisierten – Beispielen die vielfältigen Hindernisse, die sich sei- nen Ambitionen entgegen stellen. Ganz im Sinne der Moralphilosophie Petrarcas entwirft er ein abschreckendes Bild von der Sklaverei höfischer Existenz, die von leidenschaftlichem Ehrgeiz dominiert wird. Der Autor nennt fünf Begierden, die die Höflinge unaufhörlich tyrannisieren: Mihi videntur omnes qui regum vel principum latera stipant aut honores quae- rere famamque saeculi aut potentiam et divitias aut voluptates ; nec inficias non- nullos esse qui se apud principes lucrari animas arbitrentur, ut meritum tanto maius nanciscantur, quanto cum maiore periculo militaverint.41 Ehrsucht, Ruhm, Macht, Reichtum und Sinneslust treiben selbst jene an, die ihre Seele in diesem Umfeld einer gefährlichen Bewährung aussetzen möchten. Illus- triert mit Verweisen auf die antike Literatur, deformiert Piccolomini in seinen dras- tischen Bildern das Hofleben zu einem Narrenspital, in welchem die psychischen und physischen Leiden zu unheilbaren und absurden, weil selbst gewählten Martern werden. Dazu kommt noch die ökonomische Abhängigkeit, die den anständigsten Menschen zum skrupellosen Schmeichler werden lässt, der um des nackten Überle- bens willen perfideste Demütigungen auf sich nehmen muss. Mit dem zunehmenden Vordringen von Nichtadeligen in die höfischen Instan- zen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit findet auch diese antihöfische Sa- tire als literarische Gattung eine weite Verbreitung. Piccolominis Brief gehört dabei 40 Wagendorfer: Eneas Silvius Piccolomini, S. 21. 41 Wolkan: Der Briefwechsel, S. 454. Enea Silvio Piccolomini in Wien
back to the  book Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Volume I"
Die italienische Literatur in Österreich Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die italienische Literatur in Österreich
Subtitle
Von den Anfängen bis 1797
Volume
I
Author
Alfred Noe
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78730-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
780
Keywords
Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Einführung 9
  2. I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
    1. I.1 Francesco Petrarca in Prag 28
    2. I.2 Enea Silvio Piccolomini in Wien 35
    3. I.3 Die Humanisten an den Höfen und Universitäten 56
    4. I.4 Die Panegyrik für Maximilian I 64
    5. I.5 Die Späthumanisten zwischen Wien und Prag 72
  3. II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
    1. II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
    2. II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
    3. II.3 Barocke Akademien 92
    4. III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
    5. III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
    6. III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
    7. III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
  4. IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
    1. IV.1 Italienische Truppen in Österreich und Böhmen 143
    2. IV.2 Die Commedia dell’arte im österreichischen Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts 157
    3. IV.3 Italienische Texte der deutschen Wanderbühne in Österreich 188
  5. V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
    1. V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
    2. V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
    3. V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
    4. V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
    5. V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
    6. V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
    7. V.7 Aufzüge und Rossballette 302
    8. V.8 Musikalische Feste 305
    9. V.9 Faschingsopern 314
    10. V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
    11. V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
    12. V.12 Hochzeitsopern 375
  6. VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
    1. VI.1 Die Kontakte der italienischen Frühaufklärer zum Wiener Hof 393
    2. VI.2 Die geistlichen Libretti der Generation vor Metastasio 399
    3. VI.3 Die weltlichen Libretti der Generation vor Metastasio 419
    4. VI.4 Pietro Metastasio – der Hofdichter als Monument 449
  7. VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
    1. VII.2 Die neuen Leidenschaften im Libretto 504
    2. VII.3 Die italienischen Reformbewegungen und Österreich 524
  8. VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
    1. VIII.1 Die Drucker italienischer Werke 531
    2. VIII.2 Das Libretto als wichtigste Gattung 538
    3. VIII.3 Übersetzungen in das Deutsche 540
    4. VIII.4 Die Präsenz in den Bibliotheken 545
  9. IX. Verzeichnis der Drucke 549
    1. Bibliographie 685
    2. Riassunto 713
    3. Personen- und Titelregister 725
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Die italienische Literatur in Österreich