Page - 61 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Image of the Page - 61 -
Text of the Page - 61 -
61Die
Humanisten an den Höfen und Universitäten
sowie der Biographie des Königs (Chronicon de Ludovico rege, 1390) von János Kükül-
lei (1320–94) manifestierte, hatten in der Folge, vor allem unter Kaiser Sigismund,
prominente italienische Humanisten wie Pietro Paolo Vergerio d.Ä. (1370–1444),102
Kardinal Branda Castiglione (1350 –1443),103 Kardinal Giuliano Cesarini (1398–
1444),104 Francesco Filelfo (1398–1481),105 Ambrogio Traversari (Ambrosius Camal-
dulensis, 1386–1439), der Theologe Giovanni Gatti aus Messina oder der Historiker
und Arzt Galeotto Marzio (1427– 97)106 Verbindungen zu Buda und hielten sich oft
über längere Zeit in der Hauptstadt auf.107 Während diese sporadischen Aufenthalte
kaum direkte literarische Spuren hinterlassen, intensiviert sich die italienische Prä-
senz deutlich während der Regentschaft von Matthias Corvinus und führt zur Ent-
stehung einer Reihe von Werken:
Antonio Bonfini (1434–1503) arbeitet ab 1486 in Buda an zahlreichen Überset-
zungen aus dem Griechischen in das Lateinische, verfasst für Königin Beatrix (1457–
1508) eine lateinische Abhandlung über die Tugend und Keuschheit der Ehegatten
(Symposion de virginitate et pudicitia coniugali) sowie eine Genealogie der königlichen
Familie. Für die Fertigstellung seiner unter König Matthias begonnenen, als Kon-
kurrenz zu Pietro Ransanos Epitome rerum Hungaricarum (1490) konzipierten, mo-
numentalen Geschichte von Ungarn (Rerum Hungaricarum decades, Basel 1538) wird
er von König Ladislaus II. (1456 –1516) geadelt.
Aurelio Lippo Brandolini (1454–1497) ist 1489– 90 als Rhetoriklehrer am Hof
von König Matthias tätig, wo er seine beiden wichtigsten Werke schreibt, näm-
lich ein Traktat über den Vergleich zwischen republikanischer und monarchischer
Staatsform (De comparatione reipublicae et regni)108 sowie einen Dialog über das
102 Vergerio hält sich während seiner letzten Jahre in Ungarn auf und stirbt 1444 in Buda; vgl. Florio Banfi:
Pier Paolo Vergerio il Vecchio in Ungheria. In: Archivio di scienze, lettere e arti 1 (1939), S. 1–3, 17–29
und 2 (1940), S. 1–30.
103 Castiglione ist mehrfach als päpstlicher Legat in Ungarn, Mähren und Böhmen.
104 Ab 1442 als päpstlicher Legat in Ungarn, beteiligt sich Cesarini an einem Feldzug 1443–44 gegen die
Türken und fällt schließlich in der Schlacht von Varna; vgl. Robert C. Jenkins: The Last Crusader or The
Life and Times of Cardinal Julian of the House of Cesarini. London 1961.
105 Filelfo kommt 1423 mit dem byzantinischen Kaiser Johannes Palaiologos für mehrere Monate nach Buda
und begleitet Kaiser Sigismund zur Hochzeit des polnischen Königs nach Krakau.
106 Sein Enkomion von Matthias Corvinus und dessen Sohn Johannes wird 1563 von Sigismund Tordai-Ge-
lous in Wien bei Zimmermann veröffentlicht: Libellus elegans Galeoti Martii de egregie, sapienter iocose dictis
ac factis Matthiae sereniss. Ungariae regis, ad inclytum ducem Joannem eius filium; moderne Ausgabe Leipzig
1934. Vgl. Gabriella Miggiano: Galeotto Marzio da Narni. Rom 1992.
107 Vgl. Tibor Klaniczay: Die Akademiebewegung in Ungarn im Zeitalter der Renaissance. In: Klaus Garber /
Heinz Wismann (Hg.): Europäische Sozietätsbewegung und demokratische Tradition. Die europäischen Aka-
demien der Frühen Neuzeit zwischen Frührenaissance und Spätaufklärung. 2 Bde. Tübingen 1996, S. 951–
965.
108 Aurelio Lippo Brandolini: Republics and Kingdoms Compared. Ed. and transl. by James Hankins. Cam-
bridge / London 2009.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549