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Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in
Österreich84
terer Ehemann!) Hans Rudolph (1607–77) haben beide an norditalienischen Uni-
versitäten studiert und fördern intensiv das Interesse der jungen Catharina Regina
für romanische Sprachen und Literaturen, indem sie Johann Wilhelm von Stuben-
berg mit ihrer Erziehung beauftragen. Catharina Regina nimmt Anteil an Stuben-
bergs Übersetzungen aus dem Italienischen, verfasst dazu erste Lobgedichte und übt
sich in kunstfertigen Paraphrasen von Original und Übertragung. Als Beispiel zitiert
Cerny vierzehn Epigramme über italienische Sprichwörter, die in der 1662 in Nürn-
berg bei Endter veröffentlichten Sammlung Geistliche Sonette, Lieder und Gedichte zu
Gottseeligem Zeitvertreib enthalten sind. Es handelt sich durchwegs um Sentenzen,
die durch ihre Prägnanz und ihre Thematik als Ausgangsmaterial für in dieser Zeit
sehr beliebte Embleme dienen könnten. Das italienische Original ist dabei als In-
scriptio (d.h. als abstrakte Überschrift, die in komprimierter Form eine Idee ent-
wirft), die deutsche Version mit ihrer Paraphrase als Subscriptio (d.h. als Epigramm
zur wechselseitigen Erhellung von Sinnspruch und beigefügtem Bild) denkbar:
Chi non risica, non guadagna
Wer nichts waget / nicht gewinnet. Sehet Alexander an /
Vnd die kühnen Amazonen / was das wagen nutzen kan!
Drum so waget ewer Glücke / ewern Leib und ewer Leben:
Wann ihr wolt gewinnen was / vnd beherzte Helden geben.155
In ähnlicher Weise werden abgehandelt: Ogni cosa per lo meglio. – Un cuor animoso
vince ogni estremo. – Sopra il male, aspetto il buono. – Dove non arrivano le forze, bisogna
che sopplisca l’acutezza dell’ingegno. – Lauro, palma, olivo, spesso in sauio sono congiunto.
– Le belle cose piaceno a tutti. – Un cuor generoso non è soggeto à l’incostanza della fortuna. –
Altri tempi, altre cure. – Chi semina virtù, fama ricoglia. – Il saggio domina le stelle. – Chi
si arma di virtù, vince ogni affetto. – Vivi sì che dopo morte tu vivi ancora. – Un bel morir
fa l’huomo contento. Diese Sinnsprüche mit ihren deutlich dem concettismo verwandten
Strukturen werden in den Paraphrasen effektvoll mit Wortspielen und mythologi-
schen Vergleichen ausgestaltet.
rin. Göttingen 1967. – Catharina Regina von Greiffenberg: Sämtliche Werke in 10 Bänden. Unverän-
derter Nachdruck der Ausgabe Nürnberg 1662–93. Hg. von Martin Bircher. New York 1983. – Heimo
Cerny: Der Einfluss der italienischen Sprache und Literatur auf die niederösterreichische Adelskultur im
17. Jahrhundert. In: Paolo Chiarini / Herbert Zeman (Hg.): Österreich-Italien auf der Suche nach der
gemeinsamen Vergangenheit. Italia-Austria alla ricerca del passato comune. Rom 1995, S. 267–303.
155 Zitiert nach Cerny: Der Einfluss, S. 281, mit leichten Korrekturen.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549