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Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen
Frühaufklärung120
sichts der drohenden Gefahr durch die heranrückenden Schweden von Ferdinand III.
gelobten Errichtung der Mariensäule auf dem Platz Am Hof in Wien, deren 1646
aufgestellte Version aus Marmor, die sich heute in Schloss Wernstein in Oberöster-
reich befindet, 1667 unter Leopold I. durch eine Bronzestatue der Maria Immaculata
auf einem den Protestantismus symbolisierenden Drachen über einem Postament mit
geharnischten Bronzeputten im Kampf gegen Ungeheuer ersetzt wird.
Zur größeren Verbreitung dieser Marienverehrung werden auch traditionelle
Texte aus dem Mittelalter wie das in zahlreichen Prunkhandschriften überlieferte
Marienoffizium zunehmend in die Volkssprachen übersetzt, wie z.B. L’Officio di Ma-
ria Vergine Madre di Dio des kaiserlichen Hofkaplans Filippo Maria Bonini (*1612),
das in Wien zuerst 1672 bei Leopold Voigt und 1676 mit leicht erweitertem Titel
bei Pietro Paolo Viviani erscheint.233
Die Herkunft und spezifische Beschaffenheit von bemerkenswerten Gnadenbil-
dern der Madonna wird in historischen Betrachtungen vor Augen geführt, z.B. jene
1607 der Wiener Franziskanerkirche für ihren Hochalter gestiftete Figur aus Grün-
berg in Böhmen (heute: Zelená Hora) in der 1659 gedruckten anonymen Abhand-
lung Origine fondamentale della gratiosa Imagine della Vergine Maria, la quale si riserva
[…] nella chiesa di San Girolamo di Vienna.
Durch die Bedrohung der Residenzstadt in der zweiten Türkenbelagerung, wäh-
rend welcher „Maria hilf!“ der Schlachtruf der Verteidiger ist, und die erfolgreiche
Befreiung Wiens am 12. September 1683, bei der das christliche Entsatzheer unter
einer Flagge der Schutzmantelmadonna antritt, erreicht die Marienverehrung ihren
Höhepunkt in der Einrichtung des Festes Mariä Namen an diesem Tag durch Papst
Innozenz XI. In den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts wird in der Folge eine
ganze Reihe von Stiftungen für Kirchen und Altarbilder in Wien und Umgebung im
Sinne einer spirituellen Verteidigungsanlage mit der Madonna als Schutzfigur der
österreichischen Monarchie ausgelöst:
Topographisches und kultisches Zentrum der leopoldinischen Stadtbefestigung
wurde jedoch das Stadt- und Staatspalladium »Maria Pötsch«, eine Ikone im
Typus der Hodegetria, die auf Befehl der Kaiserin Eleonora 1697 aus Pócs in
Ungarn nach Wien gebracht und auf dem Hochaltar des Stephansdomes zur öf-
fentlichen Verehrung aufgestellt wurde.234
233 Vgl. Ines Land: Die Marienfeste und die Pfingstfeiern am Wiener Hof im 17. und 18. Jahrhundert . In:
I. Pangerl / M. Scheutz / Th. Winkelbauer (Hg.): Der Wiener Hof im Spiegel der Zeremonialprotokolle
(1652–1800). Eine Annäherung. Innsbruck / Wien / Bozen 2007, S. 463–491.
234 Friedrich Polleroß: Renaissance und Barock. In: Peter Csendes / Ferdinand Opll (Hg.): Wien. Geschichte
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549