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247Geistliche
Musikdramen und Oratorien
Gesprächen, dass das Kreuz Christi zur Erlangung des menschlichen Heils wesent-
lich wirksamer ist als die bronzene Schlange des Volkes Israel.
In der Fastenzeit des Jahres 1685 werden in der Kapelle Eleonoras die Oratorien
La Rosinda eines ungenannten Autors mit der Musik von Carlo Francesco Pollarolo
(1653–1723) und La vita humana des völlig unbekannten Giovanni Filippo Bernini
in der Vertonung von Giovanni Bicilli (1623–1705) gespielt. Am Gründonnerstag
steht Minatos La bevanda di fiele. Rappresentatione sacra mit der Musik von Peder-
zuoli auf dem Programm. Die biblischen Gestalten (La B. Vergine – L’Evangelista
Giouanni – La Samaritana – Longino – Il Soldato, che diede à Christo la Bevanda
di Fiele; vgl. Johannes-Evangelium 19.29) erläutern darin, dass die Bitterkeit des
Trunkes am Kreuz der menschlichen Buße gleichkomme und damit zur Quelle
ewigen Lebens werde. In Minatos am Karfreitag, den 20. April 1685, in der Ver-
tonung von Draghi vor dem Hl. Grab in der Hofburgkapelle gespieltem Werk Il
prezzo dell’humana redentione befreien in einem Streitgespräch mit Lucifero und Il
Cherubino, che scacciò Adamo dal Paradiso Terrestre die allegorischen Figuren der
göttlichen Liebe, des Erbarmens und der Reue das vom Schutzengel geleitete Men-
schengeschlecht (L’Humanità Redenta) aus den Ketten der Sünde.
Nach dem in Text und Musik anonymen Oratorium Li Machabei und einigen
Wiederholungen bietet die Karwoche 1686 am Gründonnerstag Minatos La sorte so-
pra la veste di Christo. Rappresentatione sacra mit der Musik von Pederzuoli. Nachdem
die Soldaten die Kleider Christi unter sich verlost haben, erklären die drei biblischen
Gestalten (B:ma Vergine – S. Giouanni – Maria Maddalena), dass der Mensch nackt
geboren wurde und daher auch nackt erlöst werde. Am Karfreitag, den 12. April
1686, wird Minatos Il dono della vita eterna. Rappresentatione sacra in der Vertonung
von Draghi vor dem Hl. Grab in der Hofburgkapelle gespielt. In diesem ausschließ-
lich von abstrakten Figuren (neben Dio Padre und Il Genere Humano: L’Amor Di-
vino – La Gratia – Il Merito di Christo – La Vita Eterna – La Morte Eterna – Il Pec-
cato d’Adamo – L’Odio Infernale) besetzten Libretto wird das Menschengeschlecht
vom ewigen Tod, von der Erbsünde und vom Hass befreit und bezeugt am Ende
seine Dankbarkeit gegenüber Gott und den allegorischen Figuren.
Nach dem Tod von Kaiserin-Witwe Eleonora am 6. Dezember 1686 tritt eine
deutliche Reduktion der Neuproduktionen von geistlichen Musikdramen ein, so
dass die folgenden 20 Jahre eher von Wiederholungen bereits bekannter Werke als
von Uraufführungen geprägt werden. Es gehen damit 25 Jahre einer auf diesem Ge-
biet äußerst produktiven Zeit zu Ende, die beinahe in jedem Jahr neben 3–5 Orato-
rien in der Fastenzeit immer ein Sepolcro am Gründonnerstag in der Kapelle von
Eleonora und ein Sepolcro am Karfreitag in der Hofburgkapelle aufweisen kann.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549